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Aus dem GERICHTSSAAL: „Ich trinke nicht nur Bier, auch Kaffee!“ Mit 2,77 Promille auf dem Rad/900 Euro Strafe

„Ich weiß, das ist meine letzte Chance. Danach ist Schluss mit lustig“, resümiert Andreas A.

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„Ich weiß, das ist meine letzte Chance. Danach ist Schluss mit lustig“, resümiert Andreas A.* (33) nach dem Urteilsspruch. Der Hartz-IV-Empfänger sitzt wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr auf der Anklagebank – übrigens nicht zum ersten Mal. Auch Ladendiebstähle, Fahren ohne Führerschein und Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten gehen auf sein Konto. Am 14. September 2009 wurde der Alkoholkranke mit 2,77 Promille auf seinem Fahrrad von der Polizei gestoppt. Das kostete ihn jetzt zwei Monatseinkommen – also 900 Euro Strafe. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

Andreas A. ist längst vom Hochprozentigen gezeichnet. Gleich früh nach dem Aufstehen beginnt er zu trinken. Und das, obwohl er sein zwei Monate altes Baby ein Jahr lang betreuen möchte. „Meine Lebensgefährtin ist behindert. Deshalb muss ich für den Kleinen da sein“, erzählt der Potsdamer. „Das Jugendamt weiß Bescheid.“ „Das Kind ist also den ganzen Tag in den Händen eines Alkoholikers?“, fragt die Vorsitzende entgeistert: „Ist es wenigstens gesund?“ Der Nachwuchs sei sogar kerngesund“, entgegnet der Vater voller Stolz. Und seine Versorgung bereite ihm keine Probleme. „Ich trinke ja nicht nur Bier, sondern zwischendurch auch Kaffee. Außerdem helfen meine Mutter und meine Schwester bei der Betreuung des Kindes.“

Am Tattag habe er am Hauptbahnhof ordentlich „getankt“, räumt Andreas A. ein. „Danach wollte ich zu meiner Schwester. Doch der Bus fuhr nicht mehr.“ Da habe er das Fahrrad genommen, sich eigentlich sicher gefühlt. „Als mich die Polizisten angehalten haben, war ich kooperativ. Ich habe keine negativen Sachen gemacht. Und vom Rad gefallen bin ich auch nicht“ , triumphiert der Angeklagte auf. Der Arzt, der ihm später eine Blutprobe abnahm, bescheinigte: „Äußerlich nur leicht unter dem Einfluss von Alkohol stehend.“

Langsam scheint Andreas A. einzusehen, dass es so nicht weitergeht. Schließlich will er seinen Sohn nicht verlieren. Schon einmal verließ ihn eine Frau, nahm auch sein erstes Kind mit. „Damals habe ich richtig mit dem Trinken begonnen. Jetzt war ich bei den Anonymen Alkoholikern. Und ich werde eine Entzugstherapie machen. Die soll noch in diesem Jahr beginnen“, beteuert er.

„Sie sind gerade haarscharf an einer Freiheitsstrafe vorbeigeschrammt“, warnt Amtsrichterin Waltraud Heep. „Ich kann Ihnen nur ganz dringend raten, diese Therapie zu machen und sie vor allem auch durchzuhalten. Sonst sehen wir uns hier bald wieder.“ (*Name von der Redaktion geändert.) Hoga

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