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Landeshauptstadt: „Ich war froh, als die Polizei kam!“

Anklage: Diebstahl, Fahren ohne Erlaubnis, Urkundenfälschung

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Anklage: Diebstahl, Fahren ohne Erlaubnis, Urkundenfälschung Von Gabriele Hohenstein „Wenn mich die Polizei nicht geschnappt hätte, hätte ich mich selbst gestellt“, beteuert Olaf S. (41) vor Gericht. Der Spätsommer vorigen Jahres gehörte nicht gerade zur glücklichsten Zeit des Sozialhilfeempfängers. Die Kündigung der Potsdamer Wohnung drohte. Die Schwester in Wolfsburg lag nach einer schweren Operation im Krankenhaus. Die alte Mutter musste sich allein behelfen. „Ich wollte sie eigentlich besuchen, hatte aber kein Geld für eine Fahrkarte“, erzählt der Arbeitslose. Eigentlich wollte er einen Freund anpumpen, doch der sei nicht zu Hause gewesen. „Ich hatte noch einen Schlüssel zu seiner Wohnung, da ich mich dort mal aufgehalten habe“, berichtet Olaf S. Dann habe da der Schlüssel des Volvos seines Bekannten gelegen – eine Versuchung, der er nicht widerstehen konnte. Obwohl ihm die Fahrerlaubnis bereits 1993 entzogen wurde, startete er das Automobil am 1. September und fuhr nach Wolfsburg. Hier stellte er den Volvo auf einem Parkplatz des Volkswagenwerkes ab. „Damit er mit den Potsdamer Kennzeichen nicht so auffällt, habe ich von einem in der Nähe geparkten Kleinbus die Nummernschilder abgeschraubt und am Auto meines Freundes befestigt“, gesteht der Angeklagte freimütig. Irgendwann sei ihm bewusst geworden, dass er Blödsinn verzapft habe. „Ich setzte mich ins Auto, um nachzudenken, was ich jetzt machen soll. Zu meiner Mutter konnte ich nicht gehen, um sie nicht mit meinen Problemen zu belasten. Nach Hause wollte ich eigentlich auch nicht zurück“, erinnert sich der Mann. Eigentlich sei er froh gewesen, als die Polizei an die Scheibe des Fahrzeugs klopfte und seine Personalien feststellen wollte. Inzwischen habe er seine Zelte in Potsdam abgebrochen und lebe bei seiner Mutter, die er auch pflege. „Haben Sie den Schadenersatz eigentlich schon beglichen?“, fragt die Vorsitzende. Der Stadtjugendring Wolfsburg, dem der Kleinbus gehört, erstattete Anzeige wegen der gestohlenen Kennzeichen, forderte 78 Euro für die Beschaffung neuer Tafeln. Olaf S. beteuert, bislang kein Geld dafür gehabt zu haben, will den Betrag nun binnen eines Monats zahlen. Hinzu kommt eine Geldstrafe von 110 Tagessätzen zu je sechs Euro wegen Diebstahls, Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Urkundenfälschung. „Sie können Ratenzahlung beantragen“, gibt die Richterin dem sichtlich Geschockten mit auf den Weg. Das Urteil ist rechtskräftig.

Gabriele Hohenstein

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