Landeshauptstadt: „Ich war wie in Trance!“
Partnervermittlung mit Druck?
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Partnervermittlung mit Druck? Von Gabriele Hohenstein In den Augen der Staatsanwältin sitzt die heiratswillige ältere Dame völlig entspannt auf dem Sofa. Gerda G.* (71) sieht das anders. „Der Partnervermittler hat mich für das Foto zum Lächeln gezwungen. In Wirklichkeit habe ich mich wie ein zusammengeklappter Zylinderhut gefühlt“, so die Potsdamerin. Aus ihrer Sicht sei sie von dem Eheanbahnungsinstitut Amor* über den Tisch gezogen worden, weil sie sich geweigert habe, nach der Kündigung eines Vertrages, der ihr nicht den gewünschten Lebensgefährten brachte, einen neuen Kontrakt, dessen Bearbeitungsgebühr 10 000 Euro betragen sollte, abzuschließen. „Der Herr von besagter Institution drohte mir, er werde mir ein Gerichtsverfahren anhängen, wenn ich nicht tue, was er von mir verlangt“, berichtet Gerda G. Aus Furcht vor dem Partnervermittler habe sie getan, was er wollte, sich dann – trotz großer Scham, in ihrem Alter noch immer auf Männersuche zu sein – ihrer Tochter anvertraut. Die schaltete die Polizei ein. Jan. B.* (30) auf der Anklagebank schüttelt den Kopf. Der Amor-Mitarbeiter sieht blendend aus. Und er kann prima reden. „Ich war damals als Gebietsleiter für Ostdeutschland tätig und sollte prüfen, warum Frau G. ihren Vertrag gekündigt hat“, erzählt der gebürtige Sachse vor dem Amtsgericht. Da Frau G. daran interessiert war, weitere Partnervorschläge zu erhalten, legte ich ihr nahe, einen neuen Vertrag abzuschließen. Der konnte natürlich nicht umsonst sein.“ Er habe die Seniorin keineswegs genötigt, unwahre Angaben über ihre persönlichen Verhältnisse zu machen noch ihr mit Justitia gedroht“, versichert der wegen Nötigung Angeklagte. „Meine Mutter war gerade gestorben. Ich hatte tausend Dinge im Kopf und wirklich keine Lust, noch mehr offensichtlich schwer vermittelbare ältere Herren offeriert zu bekommen“, empört sich Gerda G. Doch Jan B. habe darauf bestanden, sie am 19. Februar 2003 in ihrer Wohnung aufzusuchen. Dort sei er äußerst bestimmend aufgetreten. „Ich war wie in Trance.“ So sei es auch zu der Unterschrift für den erneuten Vermittlungsvertrag gekommen. Die Staatsanwältin regt an, das Verfahren gegen Jan B. im Hinblick auf eine Verurteilung zu 16 Monaten Freiheitsstrafe (drei Jahre Bewährung) wegen Urkundenfälschung, Betruges im besonders schweren Fall sowie versuchten schweren Betruges aus dem Jahr 2003 einzustellen, da die Sanktion, die er für den aktuellen Vorwurf erhalten würde, nicht besonders ins Gewicht falle. Das Gericht stimmt dem zu. (*Namen von der Redaktion geändert.)
Gabriele Hohenstein
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