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Landeshauptstadt: „Ich werde wieder fahren!“

1800 Euro Strafe für Künstler

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1800 Euro Strafe für Künstler Von Gabriele Hohenstein Es scheint, als habe Gernot G.* (56) nur darauf gewartet, seine Ansichten endlich vor einem größeren Publikum zu verbreiten. Der Verhandlungssaal des Amtsgerichts kommt dem Maler und Grafiker gerade recht. Dass er selbst auf der Anklagebank sitzt, stört ihn offenbar wenig. Nach seinem Verständnis gehört er hier sowieso nicht hin. Laut Staatsanwaltschaft soll Gernot G. am 2. Juli vorigen Jahres von der Polizei ohne Fahrerlaubnis in seinem Seat gestoppt worden sein. Der Mann bestreitet auch gar nicht, ohne „Pappe“ gefahren zu sein. Allerdings erklärt er, dies jederzeit wieder tun zu wollen. „Ich habe schließlich Verpflichtungen, denen ich nur motorisiert nachkommen kann“, begründet der wegen Beleidigung, Nötigung sowie fortgesetzten Fahrens ohne Fahrerlaubnis Vorbestrafte. Schließlich müsse er seinen größeren Sohn zur Schule bringen, den Kleinen pünktlich in der Kita abliefern, dazu diverse Dinge des täglichen Lebens erledigen. „Ich werde von der Behörde in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt“, beschwert sich der Angeklagte. „Der Entzug der Fahrerlaubnis ist in meinem Fall völlig unakzeptabel.“ Deshalb – so seine Ankündigung – werde er auch weiter fahren, komme, was da wolle. „Ich kann einfach nicht anerkennen, wie die Behörden mit mir als Mensch umgehen“, grollt er. „Sie sollten sich lieber um eine neue Fahrerlaubnis bemühen“, rät Amtsrichter Francois-Attaire Eckardt dem Aufgebrachten. „Wer ohne gültige Papiere am Steuer eines Autos erwischt wird, macht sich strafbar. Das sind ganz einfache Spielregeln.“ So leicht gibt sich der Familienvater nicht geschlagen. „Wieso soll ich mich als kleiner Mann an die Gesetze halten, wenn manche Politiker das Recht mit Füßen treten?“, fragt er rhetorisch. „Ich habe sehr viele wichtige Termine. Dafür werde ich auch künftig mein Auto nutzen“, versichert der Unbelehrbare. „Wenn Sie der Meinung sind, die Fahrerlaubnis wurde Ihnen zu Unrecht entzogen, müssen Sie vor dem Verwaltungsgericht klagen“, erklärt der Vorsitzende. „Das Amtsgericht ist die falsche Adresse.“ Die Richterworte erreichen den Angeklagten augenscheinlich nicht. „Ich will hier und heute mein Recht, eher gehe ich nicht weg“, droht der Künstler. Die Staatsanwältin lässt sich davon nicht beeindrucken, fordert eine Geldstrafe von 1800 Euro. Gernot G. verdreht die Augen. „Wofür soll ich so viel zahlen? Ich sehe schon, bei Ihnen kriege ich auch kein Recht“, vermutet er. „Strafrichter können keine Verwaltungsentscheidungen aufheben“, stellt der Vorsitzende klar und folgt dem Antrag der Anklagebehörde. (*Name von der Redaktion geändert.)

Gabriele Hohenstein

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