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Landeshauptstadt: „Ich will nicht tolerant sein, wenn ich es sein muss!“

Ausstellung über das neue Potsdamer Toleranzedikt in den Potsdamer Bahnhofspassagen eröffnet

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Innenstadt - Der Zeitpunkt ist nicht ganz zufällig: Gestern eröffnete die Ausstellung zum Potsdamer Toleranzedikt in den Bahnhofspassagen. Gestern, am 29. Oktober. Es war nach dem Julianischen Kalender auch ein 29. Oktober, als der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm 1685 das Edikt von Potsdam erließ, das originale Toleranzedikt, dem Potsdam nun einen vieldiskutierten Nachfolger beschert. Wie Ausstellungsmacher Simone Leinkauf vom Verein Pro Wissen und Daniel Wetzel vom Medienlabor e.V. erklärten, war der 29. Oktober nach dem Gregorianischen Kalender der 8. November – darum ende die Ausstellung auch am 8. November.

Finanziert wird die Exposition durch die F.C. Flick Stiftung. Hauptausstellungsstücke sind mehr als 40 der 66 Toleranzedikt-Tafeln, die in zahlreichen Potsdamer Institutionen, in Schulen aber auch Fußgängerpassagen und Einkaufscenter standen und von den Potsdamern und ihren Gästen mit Ideen zum Thema Toleranz beschrieben wurden. Wie Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) gestern bei seiner Eröffnungsrede sagte, habe eine Zensur nicht stattgefunden – selbst die Tafel, auf die einer schrieb „Schmeißt den Jakobs raus“, ist zu sehen, worauf Jakobs schmunzelnd hinwies.

Prof. Dieter Wiedemann, Präsident der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF), sagte nachdenklich stimmend, über Toleranz werde viel geredet, Toleranz aber noch zu wenig gelebt.

Viele Eintragungen auf den Tafeln betonen das besondere Existenzrecht des Anderen, Fremden. Andere verbinden die Toleranz-Thematik mit lokalen Debatten wie etwa zum Bau des Stadtschlosses oder der wahrgenommenen Vernachlässigung der Potsdamer Kultur-Institutionen. Einige sind sperriger. Beispiel: „Ich will nicht tolerant sein, wenn ich es sein muss!“ Eine Eintragung reibt sich an der Widerspruchs-Toleranz der Potsdamer Lokalpolitik: Unter der Überschrift „Zu Gast in Potsdam“ klebt eine Karte, die verdeutlicht, wie dicht die in der Kritik stehende Potsdamer Flüchtlingsunterkunft Lerchensteig neben dem riechenden Klärwerk liegt. Guido Berg

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