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Sport: „Ich wünsche nicht, ich will!“

OSC-Schwimmerin Natascha Kraus strebt B-Kadernorm an – jetzt fährt sie zum Weltcup nach Melbourne

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OSC-Schwimmerin Natascha Kraus strebt B-Kadernorm an – jetzt fährt sie zum Weltcup nach Melbourne Von Henner Mallwitz Anfangs, so erzählt Natascha Kraus, sei da dieses mulmige Gefühl im Magen gewesen. Weg vom heimischen Gladbeck, den Neuanfang in Potsdam wagen und die Eltern nur noch ab und zu sehen. Mit wem werde ich am Tisch sitzen? Wer wird sich mit mir ein Zimmer teilen? Komme ich hier überhaupt klar? Fragen, die sich im August vergangenen Jahres schnell von selbst erledigt hatten. „Die Stadt, die Leute, die Schule und nicht zuletzt die tollen Trainingsbedingungen machten mir den Wechsel leicht“, sagt die 18-Jährige heute. Und dass sie – wie anfangs im Internat angenommen – keine Fußballerin, sondern eine klasse Schwimmerin ist, hat sie seitdem auch schon mehrfach unter Beweis gestellt. In diesen Tagen bereitet sich die Sportschülerin zweimal täglich im Wasser der Schwimmhalle im Luftschiffhafen auf ihren bevorstehenden großen Einsatz vor: Vom 28. bis zum 30. November nimmt der Schützling von Trainer Mathias Pönisch am Weltcup im australischen Melbourne teil und geht in „down under“ sowohl über 100 und 400 Meter Kraul als auch über 200 Meter Schmetterling an den Start. „In Australien wird viel von mir erwartet“, weiß Natascha Kraus. „Denn obwohl ich in diesem Jahr die Norm knapp verpasste, wurde ich als Perspektivkader eingestuft.“ Als nächstes Ziel hat sich die Schwimmerin nun das Erreichen der Norm über 200 Meter Schmetterling vorgenommen. „Ich wünsche mir sehr, den B-Kaderstatus zu erreichen.“ Und: „Nein, eigentlich wünsche ich nicht. Ich will!“ Überhaupt – der Schmetterling. Von der wohl anspruchsvollsten Schwimmart hatte sich die Gladbeckerin beinahe längst losgesagt. Zur Freude ihrer Mutter Annelies, einer gebürtigen Holländerin, die heute sowohl Cheftrainerin der SG Gladbeck, Landesstützpunkttrainerin und Trainerin der Mannschaft des Kreissportbundes Recklinghausen ist. 1983 holte sie bei den Olympischen Spielen in Moskau mit der niederländischen 4x100m-Staffel Bronze. Ihr Vater Michael fand den Wechsel seiner Tochter vom Schmetterling zum Kraulen hingegen weniger gut, denn er selbst erschwamm sich neben zahlreichen Deutschen Meistertiteln 1977 auch Gold bei den Europameisterschaften, Bronze bei Olympia 1976 und Silber bei den Weltmeisterschaften 1975 und 1978. „Das Schwimmen ist also bei uns so was wie Familiensport“, sagt Natascha, die diese Tradition ebenso wie ihre Geschwister Kai und Larissa fortsetzt. 1999 kam sie bei den Youth Olympic Days in Dänemark auf den dritten Platz und wurde im selben Jahr Deutsche Meisterin. Nachdem 2000 wegen Pfeifferschen Drüsenfiebers so gut wie nichts lief, kam sie ein Jahr später wieder zu Kräften. Sieg bei den Deutschen Meisterschaften über 200 und 400 Meter Kraul und Bronze mit der 4x200m-Staffel bei der Junioren-EM. Es kam die Zeit, wo sich die Deutsch-Holländerin nach neuen und besseren Bedingungen für ihren Hochleistungssport umsehen musste. „Heimlich bin ich im vergangenen Jahr nach Potsdam gefahren, im Verein sollte das ja noch niemand wissen“, erzählt der neue Hoffnungsträger beim OSC. „Die Trainingsbedingungen und die Schule sind top, das Internat weniger. Aber alles zusammen stimmt.“ Von Vergleichen mit ihren erfolgreichen Eltern will Natascha indes nichts wissen. „Ich gehe meinen eigenen Weg, und nur das zählt.“

Henner Mallwitz

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