Landeshauptstadt: „Ich wusste nicht, was sich in den Taschen befand!“
Vietnamesin mit 20 000 Schmuggelzigaretten ertappt/Zeuge vor der Verhandlung bedroht/Geldstrafe
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Vietnamesin mit 20 000 Schmuggelzigaretten ertappt/Zeuge vor der Verhandlung bedroht/Geldstrafe AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein Erzählt Thi Thanh Thuy N. (27) mit dem Madonnengesicht die Wahrheit? Oder tischt die Vietnamesin dem Gericht eine geschickte Lüge auf? Der Staatsanwalt bezichtigt das zierliche Persönchen der Steuerhehlerei. Die mit einem Deutschen Verheiratete wurde am 13. Januar dieses Jahres auf dem Hauptbahnhof vom Bundesgrenzschutz mit 20 000 Schmuggelzigaretten ertappt. Glaubt man Thi Thanh Thuy N., dann hatte sie keine Ahnung, was sich in den zwei großen Taschen befand, die ihr ein Landsmann am Bahnhof Friedrichstraße aufdrückte. „Ich fragte ihn, was da drin ist. Aber er sagte nur: Du hast kein Recht, das zu wissen. Du musst tun, was ich dir sage.“ Hätte sie sich geweigert, wäre sie verprügelt worden, vermutet die Angeklagte. Weisungsgemäß habe sie die Behältnisse nach Potsdam transportiert, sei während dieser Zeit von ihrem Auftraggeber nicht aus den Augen gelassen worden. „Ich saß vorn im Wagen, er hinten.“ Als die S-Bahn hielt, habe sich ein Fahrgast erboten, ihr beim Tragen zu helfen, berichtet die Vietnamesin. In der Bahnhofshalle seien sie dann von BGS-Beamten kontrolliert und vorläufig festgenommen worden. „Der Mann, der mir in Berlin die Taschen gab, ist weggelaufen, als er das mitkriegte.“ „Wir nahmen den Aufzug, weil das Gepäck sehr schwer war“, erinnert sich Dirk H. (41). Nach dem Aussteigen sei die junge Frau ziemlich zügig vorangeschritten. Auf einmal hätten sich ihm zwei BGS-Beamte genähert und gefragt, was in den Taschen sei. Andere Uniformierte hätten die Vietnamesin festgehalten. Danach seien sie zur Polizeiwache gebracht worden, wo der Tascheninhalt – 99 Stangen sowie acht Schachteln Pall Mall ohne Steuerbanderole – ans Tageslicht befördert wurde. „Tut mir Leid, dass Sie wegen mir Schwierigkeiten bekommen haben“, meldet sich Thi Thanh Thuy von der Anklagebank. „Und warum haben Sie vor der Verhandlung zwei Leute zur Wohnung des Zeugen geschickt?“, fragt Amtsrichter Wolfgang Peters. Die Ausländerin bestreitet eine derartige Aktion. Dirk H. spricht von Männern mit fremdländischem Akzent, die ihn zu sprechen wünschten, dann – da er nicht zu Hause war – seine Telefonnummer von der Gattin verlangten. „Die Methoden der Zigarettenmafia werden immer brutaler“, resümiert der Staatsanwalt. „Die Geschichte der Angeklagten mag stimmen oder auch nicht.“ Er beantragt Freispruch. Dem kann das Gericht nicht folgen. Thi Thanh Thuy N. sei schuldig im Sinne der Anklage und muss eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je fünf Euro zahlen.
Gabriele Hohenstein
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