Aus dem GERICHTSSAAL: „Ick wollte ihr wirklich nicht ans Leder!“
„Ick wollte ihr wirklich nicht ans Leder. Ick liebe ihr doch“, beteuert Franz F.
Stand:
„Ick wollte ihr wirklich nicht ans Leder. Ick liebe ihr doch“, beteuert Franz F.* (69) auf der Anklagebank. Der Witwer – blaue Schirmmütze, roter Pullover, olivgrüne Jacke – soll seine Bekannte Gunda G.* am 25. Februar vorigen Jahres gewaltsam am Verlassen seiner Wohnung gehindert haben. Die Frau konnte sich losreißen und in den Hausflur flüchten. Ein Nachbar hörte ihre Hilferufe, alarmierte die Polizei. Ein Arzt attestierte Gunda G. später rote Striemen am Hals, schrieb sie zwei Tage lang krank.
„Wir waren früher mal richtig zusammen. Jetzt macht sie bei mir sauber. Dafür bezahle ick ihr“, berlinert Franz F. An besagtem Tag – es war der Rosenmontag – habe er „ein bisschen was“ getrunken. Als Gunda G. dann bei ihm Am Schlaatz ankam, sei sie völlig außer sich gewesen. Da sie in der Vergangenheit mehrfach damit drohte, sich etwas anzutun, habe er sie lediglich beruhigen wollen. „So habe ick ihr noch nie erlebt. Sie wollte gleich wieder weg. Da habe ick ihr festgehalten. Vielleicht habe ick ein bisschen derb zugepackt. Ick wollte nicht, dass sie geht und bei sich zu Hause Tabletten schluckt“, begründet der Rentner sein Tun. „Det war ne Effekthandlung, oder wie man so wat nennt.“ „Sie sollen richtig kräftig geladen haben“, wirft Amtsrichterin Birgit von Bülow ein. Laut Anklage hatte Franz F. einen Blutalkoholspiegel von 2,52 Promille. Die Staatsanwaltschaft geht deshalb von verminderter Steuerungsfähigkeit zum Zeitpunkt des Vorfalls aus.
„Ich hatte Migräne an diesem Tag. Ich hatte nicht die Absicht, mich umzubringen“, stellt Gunda G. (56) im Zeugenstand klar. Dann erzählt sie, Franz F. sei total vernarrt in sie. „Wir hatten eine kurze Beziehung, aber ich liebe ihn nicht. Ich kann ihm nur meine Freundschaft anbieten.“ Eigentlich sei sie am Tattag zum Saubermachen und anschließendem Kaffeetrinken mit dem Mann verabredet gewesen. „Franz war total betrunken. Ich wollte gehen. Er sagte, du bleibst hier.“ Als sie sich wehrte, sei die Situation eskaliert. Später habe sie beim Familiengericht eine einstweilige Verfügung beantragt, nach der Franz F. ihr nicht näher als 20 Meter kommen darf. „Daran habe ick mir auch gehalten. Und ick habe mir entschuldigt“, wirft Franz F. ein. Gunda G. bestätigt das. Sie hegt keinen Groll mehr gegen den unglücklich Verliebten. Das Gericht findet, Franz F. müsse nicht verurteilt werden. Es stellt das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 300 Euro an die Suppenküche ein. (*Namen geändert.) Hoga
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