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Links und rechts der Langen Brücke: Ideologisch intolerant

Michael Erbach über die möglichen Hintergründe des Kofferfundes am Donnerstagabend in der Breiten Straße

Stand:

Nur ein Dummer-Jungen-Streich? Das ist die Hoffnung von Johann-Peter Bauer, Vorsitzender des Fördervereins für den Wiederaufbau der Garnisonkirche. Doch die durch den Alarm ausgelöste Reaktion der Polizei mit stundenlangen Straßensperrungen und der Evakuierung von Gebäuden in der Innenstadt zeigen, dass der Vorfall keinen Spaßfaktor besaß. Denn die Nachrichten der letzten Tage mit den versuchten Sprengstoffanschlägen auf Regionalzüge ließen der Polizei gar keine andere Wahl, als nur so zu handeln. Denjenigen, die den Koffer abstellten und sich dann eilig entfernten, muss angesichts der Nachrichtenlage klar gewesen sein, was sie da anrichteten. Wer einen Koffer absichtlich irgendwo abstellt, spielt mit den Ängsten der Mitmenschen. Er reiht sich damit letztendlich ein in die Gruppe jener Radikalen, die genau diese Angst verbreiten, sie zum Alltagsgefühl machen wollen. Und auch Menschen töten würden – im Namen einer Ideologie. Was den Vorfall am Donnerstagabend so beunruhigend macht, ist der Fundort selbst. An dieser Stelle in der Stadtmitte soll bis zum Jahr 2017 die im Zweiten Weltkrieg beschädigte und 1968 auf SED-Geheiß gesprengte Garnisonkirche wiederentstehen. Sollte das Abstellen des Koffers neben dem Gebäude, in dem der Förderverein gerade tagte, tatsächlich ein Zufall sein? Das darf bezweifelt werden. Denn der geplante Kirchenbau ist umstritten, zu seiner Geschichte gehört eben jener „Tag von Potsdam“, an dem sich preußischer Militarismus und Naziideologie verbündeten. Aber in diese Kirche gingen auch die Widerständler des 20. Juli 1944 und in dieser Kirche wurde über Jahrhunderte Toleranz gepredigt. Mit dem geplanten Internationalen Versöhnungszentrum soll an humanistische Traditionen angeknüpft und jeglicher Preußentümelei von vornherein das Wasser abgegraben werden. Das scheint bestimmten Leuten – egal auf welcher Seite – nicht zu gefallen. Ihr Handeln zeugt von aggressiver Intoleranz und macht nur darauf aufmerksam, wie wichtig die neue Kirche einmal für Potsdam sein wird.

Michael Erbach

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