Landeshauptstadt: Im Ausnahmezustand
Eltern melden akute Störfälle in einer 8. Klasse der Goethe-Gesamtschule
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Motzen, Mobbing, Manipulation – eine Handvoll Schüler setzt derzeit in der Babelsberger Goethe-Gesamtschule eine achte Klasse unter Druck, stört den Unterricht, beleidigt die Lehrer, erniedrigt Mitschüler. Längst handele es sich nach Aussagen von Eltern nicht mehr um dumme Jungenstreiche, sondern um kriminelles Verhalten. Es werden Handys gestohlen, Augenzeugen mit körperlicher Gewalt bedroht und eingeschüchtert, berichten die Eltern, die aus Angst um ihre Kinder ihre Namen nicht nennen.
Das Fass zum Überlaufen brachte vor einigen Wochen ein Vorfall im Chemiekabinett, in dem Schüler ein Schloss aufbrachen, den Gashahn öffneten und anschließend den Raum verließen. Schulleiter Bernd Rudolph musste Anzeige erstatten. Nun ermittelt die Kriminalpolizei wegen des Verdachts der Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion. Vier Schüler werden verdächtigt.
Die üblichen erzieherischen Maßnahmen liefen bislang ins Leere. Von diversen Aussprachen bis zur Suspendierung vom Unterricht sei alles probiert worden, berichtet der Schulleiter. Besonders auffällig sei ein 16-Jähriger, der bereits zweimal ein Schuljahr wiederholt hat und nun, nach Angaben der Eltern, seinen jüngeren Mitschülern in der achten Klasse das Leben schwer mache. Die Eltern des Jungen seien hilflos. Selbst ein zu Rate gezogener Schulpsychologe konnte nichts bewirken, „weil die Zusammenarbeit mit ihm freiwillig ist und sich der Schüler eben auch hier stur gestellt hat“, so Bernd Rudolph.
Schul- und Jugendamt ist der Fall bekannt. Der nächste Schritt, ein Verweis von der Goethe-Gesamtschule und die Versetzung in eine andere Potsdamer Schule, würde das Problem aber nur verlagern, meint Rudolph. Er setze momentan vor allem auf eine Stärkung der betroffenen Klasse. „Wir haben schon erreicht, dass die Schüler nicht mehr verängstigt schweigen, sondern offen über die Konflikte sprechen.“ Um langfristig etwas ändern zu können, brauche er jedoch mehr Lehrkräfte.
Seit September habe sich das ohnehin schon gravierende Problem des Unterrichtsausfalls wegen fehlender und erkrankter Lehrkräfte noch verschlimmert. Unterstützung vom Schulamt erhalte er in dieser Sache nicht. Erst einmal sei es gelungen, von einer anderen Schule eine Vertretung zu organisieren.
Auch die Eltern von Schülern der betroffenen achten Klasse beklagen, dass der erhöhte Unterrichtsausfall das extreme Verhalten der Störenfriede noch befördere. „Und die zum Teil überlasteten Lehrer sind nicht in der Lage, dem entgegen zu treten“, schreiben sie in einem Brief an diese Zeitung. Wegen der angespannten Situation in der Problemklasse, sei der Krankenstand der dort unterrichtenden Lehrer überdurchschnittlich hoch, haben die Eltern beobachtet. In ihrem Schreiben fordern sie die sofortige Beseitigung des akuten Lehrermangels und eine „wirksame und nachhaltige Unterstützung im Umgang mit chaotischen Schülern, die unsere Kinder vom Lernen abhalten.“ Antje Horn-Conrad
Antje Horn-Conrad
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