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Bagger statt Kicker. Im „Karli“ in Babelsberg wird ungeachtet der Auseinandersetzung um die Auftragsvergaben weiter gebaut. Derzeit wird das Spielfeld mit schwerer Technik beackert.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Im „Bedürfnis nach Rechtssicherheit“

Ein EWP-Gutachten verteidigt die Auftragsvergabe an die EWP zur Projektsteuerung für die Sanierung des Karl-Liebknecht-Stadions

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Bewegung in der Auseinandersetzung um die Vergabe der Projektsteuerung für die Sanierung des Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadions: Laut einem Gutachten soll die in der Kritik stehende freihändige Auftragsvergabe an die Energie- und Wasser Potsdam GmbH (EWP) – entgegen der Auffassung des Landesrechnungshofes – korrekt erfolgt sein. Auftraggeber der Expertise ist allerdings die EWP selbst. Wie Ralf Zeretzke von der EWP-Pressestelle am gestrigen Mittwoch sagte, sei das Gutachten im „Bedürfnis nach Rechtssicherheit erstellt worden“.

Zur Zeit der Auftragsvergabe durch die Stadt war der Aufsichtsratsvorsitzende des Fußballvereins SV Babelsberg 03, Peter Paffhausen, zugleich Geschäftsführer der EWP gewesen. Wegen einer Spitzel-Affäre musste er als Geschäftsführer zurücktreten, er trat im Mai auch als Aufsichtsratschef des SVB zurück. Am 1. Juni, am Tag nach dem Rücktritt von nunmehr Ex-03-Präsident Rainer Speer, hat die EWP dann das den PNN vorliegende Gutachten in Auftrag gegeben.

Der Landesrechnungshof hatte gerügt, dass der Auftrag der Stadt Potsdam für die zentrale Steuerung der Sanierung des „Karli“ an die EWP in Höhe von 183 000 Euro ohne Ausschreibung vergeben und nur ein Angebot eingeholt worden sei. Die Finanzkontrolleure hatten ihre Zweifel daran geäußert, dass nach Auffassung der Stadt – Zuwendungsträger des Sanierungsvorhabens in Höhe von acht Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II – die EWP als einziges Unternehmen in der Lage gewesen sei, die Planungsarbeiten zu diesem Preis in der entsprechenden Qualität abzuliefern. Und der Rechnungshof monierte auch, dass die Planungsaufgaben für das Vorhaben in mehrere Tranchen aufgeteilt worden seien, um zu erreichen, dass der Auftrag an die EWP unter die für diesen Auftrag vorgeschriebene Grenze von 206 000 Euro geriet – um eine europaweite Ausschreibung zu vermeiden.

In dem 14 Seiten umfassenden Gutachten der Berliner Anwaltskanzlei Müller-Wrede & Partner für die EWP wird all dem nun widersprochen. Die Anwälte erklären, dass die vom Landesrechnungshof vorgenommene Gesamtbetrachtung aller Planungsleistungen für das Projekt „weder mit dem Gesetzeswortlaut noch der hierzu ergangenen einschlägigen vergaberechtlichen Rechtsprechung zu vereinbaren“ sei. „Unterschiedliche freiberufliche Leistungen, die verschiedene Auftragnehmer ausführen sollen, sind bei der Schätzung des Auftrags für sich zu betrachten, auch wenn sie sich auf ein und dasselbe Bauvorhaben beziehen.“

Im Fall der Sanierungsarbeiten im „Karli“ gibt es tatsächlich weitere vier Planungsaufträge, von denen zwei unter dem Schwellenwert von 206 000 Euro liegen. Die Gutachter argumentieren, dass unter der Maßgabe der geforderten Addierung aller Planungsaufträge somit auch diese europaweit hätten ausgeschrieben werden müssen. Dass dies nicht geschah, sei von den Prüfern nicht beanstandet worden – dies sei ein Widerspruch und spreche eben dafür, dass die Auftragsvergabe für die Projektsteuerung somit auch nicht ausgeschrieben werden musste.

Dass die EWP – nach wie vor einer der Hauptsponsoren des Vereins – den Auftrag erhielt, wird in dem Gutachten aus zwei Gründen gerechtfertigt. Zum einen sei es die EWP gewesen, die „nach Kenntnis des SVB spezifische Kenntnisse über die für das Projekt maßgeblichen Genehmigungserfordernisse sowie Rahmenbedingungen aufweist“. Zudem habe der rechtlich zulässige „Fall der besonderen Dringlichkeit“ aufgrund des engen Zeitrahmens für die Durchführung der Maßnahmen bis August dieses Jahres bestanden. Fazit der Gutachter: „Vor diesem Hintergrund ist eine Überschreitung des Ermessensspielraums zumindest nach Maßgabe der hierzu ergangenen einschlägigen Rechtsprechung nicht zu erkennen.“

Der Vorsitzende des Finanzausschusses im Landtag, Ludwig Burkardt (CDU), erklärte gestern: „Ich gehe nicht davon aus, dass der Landesrechnungshof leichtfertig eine solche Kritik äußert“. Er habe der Landesregierung einen Fragenkatalog zum vorliegenden Fall übermittelt. „Ein Parteiengutachten hilft da nicht weiter.“

Die zuständige Potsdamer Beigeordnete Iris Jana Magdowski (CDU) hatte jüngst im Hauptausschuss der Stadtverordneten erklärt, dass der Vergabeprozess an die EWP von einem Berliner Anwaltsbüro begleitet worden sei, um sicherzustellen, dass alles rechtmäßig verlaufe. Sollten sich tatsächlich Beanstandungen ergeben, gerate die Kanzlei „in Haftung“.

Michael Erbach

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