Landeshauptstadt: Im Falle radioaktiver Strahlung
Hahn-Meitner-Institut aus Wannsee verteilt Notfallschutzbroschüren in Potsdam
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Hahn-Meitner-Institut aus Wannsee verteilt Notfallschutzbroschüren in Potsdam Von Erhart Hohenstein Die Potsdamer leben in unmittelbarer Nähe eines Atomreaktors, den das Hahn-Meitner-Institut in Berlin-Wannsee für Forschungszwecke und für Materialprüfungen mittels Neutronenstrahlen betreibt. Im Katastrophenfall, wenn nämlich das von zwei Meter starkem Beton umgebene Kühlwasserbecken zerstört wird und der Reaktorkern schmilzt, würde radioaktive Strahlung austreten. Wie die Bewohner der umliegenden Gebiete in einem solchen Fall geschützt werden und wie sie sich verhalten müssten, erläutert eine Broschüre, die ab morgen auch in großen Teilen des Potsdamer Stadtgebietes in die Briefkästen gesteckt wird. Wie Institutsgeschäftsführer Prof. Dr. Michael Steiner gestern auf einer Pressekonferenz im Alten Rathaus mitteilte, ist der Radius der unmittelbaren Gefährdungszone von 2,5 auf 4 Kilometer erweitert worden. War deshalb vor fünf Jahren nur wenigen in Neubabelsberg und am Griebnitzsee wohnenden Potsdamern die Notfallschutzbroschüre zugestellt worden, wird sie nun die Einwohner von ganz Babelsberg, des Stadtteils Stern, eines Teils der Berliner Vorstadt und von Sacrow erreichen. Ein zweiter, bei ungünstiger Witterung und Windrichtung ebenfalls von radioaktivem Staub gefährdeter Bereich erfasst im Radius von acht Kilometern nahezu das gesamte Potsdamer Stadtgebiet einschließlich des eingemeindeten Dorfes Groß Glienicke, von Kleinmachnow, Stahnsdorf und Bergholz-Rehbrücke. Das Institut, das die Hinweise ohnehin etwa alle fünf Jahre aktualisieren und erneut verteilen lassen muss, reagiert damit auch auf die Atomkraftwerken drohende Terrorangriffe. Für den im Vergleich viel kleineren Forschungsreaktor sei ein solcher Angriff allerdings wenig wahrscheinlich, erklärte der Katastrophenschutzbeauftragte der Berliner Senatsverwaltung, Norbert Schmidt, auf Anfrage der PNN. Angesichts der flachen Bauweise und der Lage des Instituts könne er für Großflugzeuge ausgeschlossen werden, dagegen hätten Selbstmordattentäter in kleinen Maschinen eine wenn auch kleine Chance. Sie müssten allerdings mit kaum vorstellbarer Präzision anfliegen, um die Kühlbeckenwand zu treffen und zerstören. In dem BER II genannten Forschungsreaktor hat es in den 30 Jahren seines Betriebs keinen Störfall gegeben. Wenn das Bundesverfassungsgericht das Katastrophenrisiko auch als „Ungewissheit jenseits der Schwelle der praktischen Vernunft“ eingestuft hat, so ist die nunmehrige Information der Potsdamer doch von Wert. Die Broschüre gibt Verhaltenshinweise (in den Keller gehen, Türen und Fenster schließen und abdichten, verseuchte Kleidung in Plastesäcke packen usw.) und erläutert die von einem Einsatzstab geleiteten Schutzmaßnahmen. So würden vor allen Haushalten Päckchen mit Tabletten abgelegt, die der Aufnahme radioaktiven Jods durch den Körper entgegenwirken – bei Personen über 45 Jahre lösen sie allerdings eher Schäden als Nutzen aus. Aufgeführt werden die Nachweisstellen für eine Kontaminierung - in Potsdam das Gesundheitsamt Jägerallee, die Sportanlagen Berliner Straße und Rudolf-Breitscheid-Straße sowie eine mobile Station in Klein Glienicke -, die Einrichtungen, wo man sich dekontaminieren (entgiften) lassen kann –Schwimmhallen Brauhausberg und Am Stern –, für besonders schwere Fälle die Strahlentherapie im Bergmann-Klinikum sowie als Sammelpunkte bei Evakuierungen die Schulkomplexe in der Burgstraße und im Zentrum Ost.
Erhart Hohenstein
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