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Von Guido Berg: Im Mittelpunkt der Mensch

Die Potsdamer Freimaurer-Loge „Teutonia zur Weisheit“ feiert ihr 200. Jubiläum – und sucht „Suchende“

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Innenstadt - Dieses unglaubliche Blau! Der Raum ist fensterlos, die Wände in der Farbe eines eiskalten Curacao-Cocktails gestrichen. Dieses Blau haben die Freimaurer vom Hosenbandorden übernommen – die Geschichte der freimaurerischen Symbolik füllt Bibliotheken. Der Boden ist ein Schachbrett aus schwarz-weißen Fliesen. An der Ostseite, da, wo die Sonne aufgeht, steht der prächtige Stuhl von Logenchef Kurt Hecht, seit September 2009 „Meister vom Stuhl“. Hinter ihm an der Wand, eingerahmt durch weiße Säulen-Imitate, hängt ein Gemälde, ein Jesus-Porträt. An den vier Wänden stehen etwa 40 Stühle, ausgerichtet auf drei Säulen in der Raummitte, auf denen bei den Sitzungen große Kerzen brennen.

Der Tempel der Potsdamer Freimaurer-Loge „Teutonia zur Weisheit“ ist geeignet, das Geheimnisvolle, das Mystische der Freimaurerei zu bekräftigen. Wenn ein Location-Scout der Filmbranche ein Hinterzimmer sucht, in dem die geheimsten Dinge dieser Welt verhandelt werden könnten, von Zylinder tragenden Männern mit ernster Miene, im Logenhaus an der Kurfürstenstraße würde er fündig.

Ja, sie tragen während ihrer Zeremonien Zylinderhüte, schwarze Anzüge, dazu weiße Fliegen und weiße Handschuhe, die Mitglieder der Freimaurer-Loge „Teutonia zur Weisheit“ – aber von Verschwörungen Gleichgesinnter könne keine Spur sein. Kurt Hecht betont die hohen Werte der Freimaurer: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Humanität. Die besten Köpfe der Weltgeschichte waren Freimaurer: Goethe und Mozart, aber auch Winston Churchill, Carl von Ossietzky, Franklin D. Roosevelt Zur ehrenvollen Geschichte der deutschen Freimaurerei gehört auch ihr Verbot in der Zeit des Nationalsozialismus. Der Potsdamer Verleger und Logenbruder August Bonnes jun. wurde wegen geäußerter Nazi-feindlicher Positionen 1944 mit dem Fallbeil hingerichtet. In der DDR nicht geduldet, konnte die Freimaurerloge „Teutonia zur Weisheit“ erst 1991 „wieder in Arbeit gesetzt“ werden, wie es heißt. „Wir sind keine Kirche und keine Sekte“, versichert Hecht, „wir sind ein Verein auf dem Boden des Grundgesetzes.“ Mit zahlreichen Gästen aus anderen Logen feiert die „Teutonia zur Weisheit“ am 8. Mai dieses Jahres ihr 200. Jubiläum. Die Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ erteilte ihr am 30. November 1809 das Patent. Dass die große Feier ein halbes Jahr später stattfindet, beweist die undogmatische Haltung der Logenbrüder: Der frühe Winter hätte die Anfahrt der Gäste erschwert und eine Feier im Mai sei ungleich angenehmer. So wird an diesem Tag erstmals seit langer Zeit wieder das gesamte Logenhaus durch die Logenbrüder genutzt. Im roten Salon, heute Tanzsaal der Tanzschule Linksfüßer, wird es eine Festtafel geben.

30 Mitglieder hat die Loge derzeit; wenn es nach Kurt Hecht geht, könnten es mehr sein. Interessierte, sogenannte „Suchende“, müssen volljährig und männlichen Geschlechts sein. Der Aufstiegsweg vom Lehrling über den Gesellen bis zum Meister erfolgt nach genau festgelegten Modi und Ritualen über mehrere Jahre. Einzig Kronprinz Friedrich, dem späteren Friedrich den Großen, gelang dieser Aufstieg in einer einzigen Nacht. Dabei stehen Titel und Herkunft bei den Brüdern nicht hoch im Kurs. Der Komponist und Freimaurer Emanuel Schikaneder bringt diese Einstellung im Libretto von Mozarts „Die Zauberflöte“ mit folgenden Worten zum Ausdruck: „Er ist Prinz, noch mehr, er ist ein Mensch!“LENNHOFF 1]

Wer einmal „Tempelluft“ schnuppern und die heilige Halle der „Teutonia zur Weisheit“ betreten möchte, kann dies am morgigen Donnerstag, dem 18. März, ab 19 Uhr tun. Dann wird Logenbruder Thomas Engel in der Kurfürstenstraße 52 über die freimaurerischen Aspekte von „60 Jahre Grundgesetz“ referieren.

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