Landeshauptstadt: Im Rausch
Wie drei Jungen aus der Region Potsdam zu ihrer Rolle im neuen Anti-Sucht-Streifen „Hast Du heute noch was vor?“ der Polizei kamen
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Eigentlich wollte Daniel Diller damals im März 2007 nur skaten. Entspannt mit Freunden im Lindenpark. „Doch dann kam alles ganz anders“, erinnert sich der 21-jährige Grafik-Azubi immer noch.
Denn damals wurde Daniel plötzlich angesprochen, ob er nicht mit zu einem Filmcasting kommen wolle. Auf so was hatte er eigentlich aber gar keinen Bock. „Eine Frau drückte mir einen Text in die Hand, den ich auswendig lernen sollte.“ Doch er skatete weiter. „Sie ließ aber nicht locker – da habe ich mich halt breitschlagen lassen.“ Vor einer Jury musste er frei improvisieren. „So bin ich eher ungewollt zu meiner ersten Filmrolle gekommen.“ Denn Daniel spielt die Hauptrolle im zweiten Teil des Drogenprävention-Filmprojekts „Hast Du heute noch was vor?“ des Landeskriminalamts Brandenburg. Damit ist Daniel ab sofort deutschlandweit in verschiedenen Schulen und Jugendclubs zu sehen.
Ähnlich kamen auch der 18-jährige Nico Rülke und der 19-jährige Sebastian Sandig ungeplant zum Film. Beide spielen schon länger in der Theatergruppe der Kreismusikschule „Engelbert Humperdinck“ in Teltow und wurden nach einer Vorstellung von der Bühne weg engagiert. „Aber Profis waren wir damals deshalb noch lange nicht“, sagt Nico.
Deshalb ging es für alle Darsteller vor Drehbeginn erst mal ins „Trainingslager“: Ein Wochenend-Schauspielworkshop von Regisseurin und Drehbuchautorin Esther Gronenborn. „Das war drei Tage lang knallharter Unterricht im Sprechen, Schauspielern und Improvisieren. Und natürlich zum Thema Drogen und wie man sich verhält, wenn man berauscht ist“, beschreibt Sebastian die Vorbereitung auf den Dreh. Für den schauspielerisch völlig unbeleckten Daniel wirkte das alles zuerst sehr befremdlich: Manchmal kam er sich eher vor wie in einer „Therapiestunde“.
Einig sind sich die drei jungen Darsteller über die Regisseurin: „Esther hat uns allen sehr geholfen.“ Sie habe sehr gut erklärt, „wie man eigentlich drauf ist, wenn man drauf ist“, so Nico. Denn dies sei für die drei Jungs das Schwerste an ihren Rollen gewesen. „Woher soll ich wissen, wie sich jemand verhält, der auf Koks ist“, fragt Nico. Das habe er noch nie live erlebt. Deshalb waren Hilfen nötig. Wie zum Beispiel den Darstellern „eklig“ schmeckendes Salzwasser als Ersatz für salzige KO-Tropfen zu geben, damit wenigstens die Abscheu nicht gespielt, sondern real wirkt. „Und das war sie auch“, betont Sebastian mit verzogenem Gesicht.
Doch gab es für ihn und Nico noch mehr Momente, die nach Überwindung verlangten. Denn in einer Szene des Films wachen beide nach einer Drogennacht splitterfasernackt vor ihrem Auto auf. „Davon wussten wir bis Drehtermin nichts“, erinnert sich Nico schmunzelnd. „Gott sei Dank war an dem Tag aber nur die Mindestbesetzung der Crew dabei und nicht wie sonst gleich um die 25 Mann“, erklärt Sebastian, warum er sich dennoch spontan zur Nacktheit überreden ließ. Eine Erfahrung, die beiden aber in Zukunft bestimmt weiterhilft, meinen sie. Schließlich ist sich Sebastian sicher, dass er nach der Schule Kameramann werden will; Nico schreibt dagegen gerade an seinem ersten Drehbuch.
Beim Thema Drogenprävention sind sich aber alle drei sicher, dass ihr Film nicht die einzige Lösung sein kann. „Am besten wäre es, wenn man Jugendliche mit Betroffenen zusammenbrächte“, sagt Daniel. Denn so lief auch ihre Dreh-Vorbereitung – Süchtige erzählten den Jungs ihre Drogengeschichte. Anja Garbe
Anja Garbe
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