Landeshauptstadt: Im stillen Gedenken
In der Nikolaikirche werden Kerzen entzündet für Mohamed und Elias. Doch auch den Pfarrern fällt es schwer, Trost zu finden
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Innenstadt - Zunächst waren es neun Kerzen, nur eine gute Stunde später brannten bereits knapp 20 Lichter. Als erste Reaktion auf die schreckliche Nachricht, dass der mutmaßliche Entführer und Mörder des Berliner Flüchtlingsjungen Mohamed, Silvio S., auch die Ermordung des sechsjährigen Elias gestanden hat, wurde am gestrigen Freitagmittag spontan in der Nikolaikirche am Alten Markt die Möglichkeit für ein stilles Gedenken an die beiden Kinder eingerichtet. Ein schlichtes weißes Papierschild mit dem Hinweis „Im stillen Gedenken an Mohamed und Elias“ liegt seitdem auf einem der großen gusseisernen Kerzenständer im Seitenschiff, die Spendenbox ist zugeklebt.
Auch Solveig Gröbner nutzte am gestrigen Nachmittag kurz vor Schließung der Kirche um 17 Uhr noch die Gelegenheit, mit ihren beiden Kindern zwei Kerzen für Mohamed und Elias anzuzünden. „Dass wir hier sind, ist Zufall. Wir sind zu Besuch aus Ludwigsfelde und wollten uns eigentlich vor allem die Kirche anschauen“, sagte Gröbner. Die Nachricht vom Geständnis habe sie während der Fahrt erhalten. „Meine Schwiegermutter hat mich im Auto angerufen.“ Viel Hoffnung, dass Elias noch leben könnte, habe sie allerdings aufgrund der langen Zeitspanne seit dem Verschwinden des jungen Potsdamers ohnehin nicht mehr gehabt, räumte die Mutter aus Ludwigsfelde sichtlich bewegt ein. „Das war zu lange.“
Auch am heutigen Samstag und am Sonntag bestehe selbstverständlich weiterhin die Möglichkeit, an dem eigens ausgewiesenen Kerzenständer seine Anteilnahme auszudrücken und der beiden Jungen zu gedenken, sagte der Pfarrer der Nikolaikirche, Matthias Mieke, gestern den PNN. Selbstverständlich würden die furchtbaren Taten auch am heutigen Samstag um 10 Uhr Thema im Gottesdienst anlässlich des Reformationstages sein. Am Montag allerdings bleibt die Kirche wie berichtet geschlossen.
Er selbst habe von der Nachricht am frühen Mittag erfahren, sagte Mieke. „Ein Bekannter hat mir eine SMS geschrieben, dass die Meldung gerade in den Nachrichten gelaufen war“, so der Pfarrer. „Ich bin tief erschüttert und betrübt.“ Bei seiner spontanen Idee, im Seitenschiff eine entsprechende Gedenkstelle zu schaffen, hatte sich Mieke mit dem Pfarrer der Stern-Kirchengemeinde, Andreas Markert, abgesprochen, zu dessen Einzugsgebiet auch der Stadtteil Schlaatz gehört, in dem Elias mit seiner Mutter gelebt hat. Er habe den Vorschlag sehr begrüßt, so Markert. Die Nikolaikirche sei aufgrund ihrer Lage eine zentrale Anlaufstelle für alle Potsdamer und Besucher der Stadt.
Selbstverständlich werde aber auch in der Stern-Kirche umgehend ein Ort für eine stille Anteilnahme eingerichtet, sagte der Gemeindepfarrer. Geplant sei, dass zum Gottesdienst am Sonntag ein entsprechender Bereich für Gedenkkerzen ausgewiesen werde. „Und zwar ebenfalls für Elias und für Mohamed“, betonte Markert. Schließlich sei das Entzünden einer Kerze eine angemessene Geste, ob man nun Christ, Moslem oder Atheist sei.
Die Nachricht von Elias’ Tod werde mit Sicherheit eine große Betroffenheit innerhalb seiner Gemeinde auslösen, sagte Markert. Er selbst habe durch einen Anruf davon erfahren, so der Pfarrer. Noch allerdings sei die Nachricht so frisch, dass ihm die Worte fehlen würden. „Wir sind alle einfach nur tief bewegt und sprachlos.“Matthias Matern
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