Landeshauptstadt: Im vierten Anlauf gerettet
Sanierung und Restaurierung des Ungerhauses Charlottenstraße 114 soll im Mai abgeschlossen werden
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Înnenstadt - Bereits dreimal scheiterte der Versuch, das Barockhaus in der Charlottenstraße 114 wiederherzustellen. Die Käufer mussten wegen des hohen finanziellen Aufwandes aufgeben. Dem 1777 zur Zeit Friedrichs des Großen von dem berühmten Baumeister Georg Christian Unger für den Posamentierer Franz Dreiloff errichteten Gebäude, also einem hochwertigen Baudenkmal, drohte der Abriss.
Diese Gefahr ist in letzter Minute gebannt worden. Mit der K.M.T. Potsdamer Treuhand AG von Dr. Karl Kauermann hat ein potenter Investor das Bürgerhaus übernommen. Schon besitzt es statt im Wind flatternder Schutzfolien wieder ein solides Ziegeldach. Darunter kann der von der K.M.T eingesetzte Bauleiter Michael Jacob gleich zwei Dachstühle zeigen: den neu gezimmerten und aus der Zeit des Alten Fritzen den originalen, nicht mehr tragfähigen, der aus denkmalpflegerischen Gründen erhalten wurde. Sie überwölben zwei originell geschnittene Dachgeschosswohnungen, die sich mit Terrassen zum Hof öffnen.
Wie Jacob berichtet, waren wegen des langen Leerstandes 80 Prozent des Gebäudes vom Hausschwamm befallen. Die Sanierung ist jedoch so gut wie abgeschlossen. Das tragende Mauerwerk wurde neu verankert und statisch gesichert. „Leider konnten wir von den alten Holzeinbauten wegen ihres maroden Zustands kaum etwas erhalten“, bedauert der Diplomingenieur. Immerhin sei dies in einem Raum für einen Teil der originalen Zimmerdecke gelungen. Auf Forderung der Denkmalpflege wurden Fachwerkwände, obwohl sie nicht sichtbar unter Putz liegen, wieder aufgemauert. Zurzeit werden die Fenster nach den historischen Maßen nachgefertigt, die Türen repariert oder erneuert. Aus dem Treppenhaus wurden die Wandbespannungen abgenommen und für die spätere Wiederanbringung eingelagert. Auch die üblichen unangenehmen Überraschungen hielt der alte Bau bereit. So war der Kellerfußboden ohne Zwischenschichten direkt auf das Erdreich aufgebracht.
Im Spagat zwischen der strengen Potsdamer Denkmalpflege, mit der er aber gut zurecht gekommen sei, und der Notwendigkeit wirtschaftlichen Bauens sei eine „ingenieurtechnisch saubere Lösung“ erreicht worden, die die zeitgemäßen Vorschriften für den Brand- und Schallschutz ebenso erfüllt wie den heute üblichen Wohnkomfort gewährleistet, sagt der Bauleiter nicht ohne Stolz. Bereits Ende Mai/Anfang Juni soll das Ungersche Barockhaus in neuem Glanz erstrahlen. Bis dahin wird auch die barocke Außenansicht mit ihren Fensterteilungen, der Balustrade, der Bänderung der Fassade, Muscheldekorationen mit Blattgirlanden und Dachgauben wieder hergestellt sein. Das Gebäude, das im Querflügel um eine Achse erweitert wurde, wird dann fünf zwischen 70 und 75 Quadratmeter große Wohnungen und im Erdgeschoss zwei Gewerbe- beziehungsweise Handelsflächen zur Miete anbieten. Auch darin folgt es der früheren Nutzung. In den Adressbüchern der 1930er Jahre werden das bekannte Photoatelier Ernst Eichgrün, eine Anwaltskanzlei, eine Außenstelle der Handels- und Gewerbebank und Dachdecker Jürgen als Nutzer genannt. Im Erdgeschoss befand sich bis nach dem Krieg die Fleischerei Kurt Adam, später wurde es für einen so genannten „Russenladen“ genutzt, in dem die Besatzer Waren aus sowjetischer Produktion anboten. Erhart Hohenstein
Erhart Hohenstein
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