zum Hauptinhalt
Humanitati  der Menschlichkeit verpflichtet: Das Logenhaus in der Kurfürstenstraße war 1881 eingeweiht worden.

© M. Thomas

Von Erhart Hohenstein: Im Zeichen der Menschlichkeit

Potsdamer Freimaurerloge „Teutonia zur Weisheit“ begeht ihr 200-jähriges Bestehen

Stand:

Den 200. Jahrestag ihrer Gründung begeht in diesem Jahr die Potsdamer Freimaurerloge „Teutonia zur Weisheit“. Sie wurde 1809 von Berliner Beamten ins Leben gerufen, die mit der Verlegung der Kurmärkischen Regierung nach Potsdam in die Stadt gekommen waren. Dies hat Logenbruder Michel Worseck, Tierarzt in Potsdam, aus den historischen Unterlagen ermittelt. Die ältere, bereits seit 1768 bestehende „Minerva“ betrachtete die Neugründung nicht als Konkurrenz und stellte Räume in ihrem Logenhaus am Kanal 5 zur Verfügung.

Die „Teutonia“ wird im Sommer ihr Stiftungsfest zum 200-jährigen Bestehen, wie bei den Freimaurern üblich, nicht öffentlich, aber mit hochrangigen Gästen aus anderen Logen feiern. Das teilte seitens des Vorstandes der 1. Aufseher, Kurt Hecht, mit. Er veranstaltet aber eine Vortragsreihe, die im Februar zum Thema Menschenwürde fortgesetzt wird. Außerdem erhalten Interessenten die Möglichkeit, am monatlichen freimaurerischen Stammtisch teilzunehmen. Alljährlich finden ein Rosenfest für die Ehepartnerinnen der Freimaurer und eine vorweihnachtliche Feier auch für geladene Nichtmitglieder („Profane“) statt. Veranstaltungsort ist jeweils das Logenhaus in der Kurfürstenstraße 52.

Die 20-köpfige Vereinigung unter dem Vorsitz ihres „Meisters vom Stuhl“, Winfried Soßna, will sich so der Allgemeinheit stärker öffnen, gelten die Freimaurer wegen ihrer nichtöffentlichen Rituale doch vielen Außenstehenden nach wie vor als „Geheimbund“. Sie streben eine Selbstvervollkommnung an, die von Humanität und Toleranz bestimmt wird. Freimaurer legen in der Gemeinschaft alle Titel nieder. Sie achten die Familie, ihren Beruf und üben Staatstreue, allerdings nicht unkritisch. An ein Leben nach dem Tode glauben sie nicht, tolerieren aber alle Religionen. Politische und religiöse Streitgespräche sind in den Zusammenkünften verboten.

Ihre Grundeinstellung schließt für die Freimaurer Spenden für wohltätige Zwecke ein. Wie Kurt Hecht informierte, unterstützte die Teutonia in den abgelaufenen Jahren unter anderem die Potsdamer Tafel, die Ortsgruppe der Deutschen Multiplen Sklerose Gesellschaft und eine Potsdamer Privatschule nach dem Brand eines Nebengebäudes.

Die Freimaurerei hat in Potsdam einen ihrer ältesten Standorte. Kronprinz Friedrich (der spätere König Friedrich II.) war bereits 1738 in die Hamburger Loge, die erste auf dem europäischen Kontinent, aufgenommen worden. 1740 wurde auf sein Geheiß die Berliner Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ gegründet. Dazu gehört als Tochter in Potsdam die „Teutonia zur Weisheit“. Sie erreichte in den 1920er Jahren eine Mitgliederzahl von mehr als 300 Brüdern. Dazu zählte eine Vielzahl von bedeutenden Persönlichkeiten wie Generalpostmeister Stephan, Oberbürgermeister Voßberg, der preußische Kriegsminister Job von Witzleben, der Nowaweser Chemiker und Erfinder des Duraluminiums Wilm, der Maler Kaiser-Eichberg, Gartendirektor Potente, Verlagsbuchhändler Bonneß, der Industrielle Kampffmeyer und Hofmaurermeister Hasenheyer.

Ihre Heimstatt war das 1881 durch den Kronprinzen und späteren Kaiser Friedrich III. eingeweihte Logenhaus in der Kurfürstenstraße. Mit großem Tempel, darüber liegenden kleinem Saal, Bibliothek mit 2285 Bänden, „attischer Halle“, Gesellschaftszimmer, Billard raum, Lesezimmer, Gartenhaus und Weinkeller gehörte es zu den schönsten in Deutschland. Dazu trug auch die Ausstattung mit Gemälden, Skulpturen und hochwertigem Mobiliar bei.

Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten endete diese Herrlichkeit. Wegen ihres Bekenntnisses zur Toleranz wurden Freimaurer als „Judenfreunde“ diskriminiert. Ihre Kultgegenstände wurden zerstört, die Bücher verschleppt oder verbrannt. Beamte und Staatsangestellte waren gezwungen, die Logen zu verlassen. Der um die Denkmalpflege in Sanssouci hochverdiente Gartendirektor Georg Potente musste den Dienst quittieren. August Bonneß starb 1944 wegen „Wehrkraftzersetzung“ im Zuchthaus Brandenburg unter dem Fallbeil. Am 8. Februar 1934 musste die Potsdamer Loge auf einem Konvent ihre Selbstauflösung beschließen. Nur 68 von 274 Brüdern waren dazu noch erschienen. Immerhin gelang es, das Logenhaus vor dem direkten Zugriff der Nazis zu bewahren. Es ging als Schenkung an die Stadt Potsdam, die verpflichtet wurde, „die Baulichkeiten nur zu stadteigenen, kulturellen Zwecken“ zu nutzen. Selbst das DDR-Regime, das die Freimaurerei nicht wieder zuließ, achtete diesen Vertrag. Es richtete in dem Gebäude ein Kulturhaus ein, das „Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“. Auf seine Vergangenheit als Tempel der Freimaurer wies nur noch die Giebelinschrift im Tympanon „Humanitati“ (der Menschlichkeit verpflichtet) hin.

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde 1991 die Loge „Teutonia zur Weisheit“ wiederbegründet. Dabei standen Mitglieder der Großloge „Zu den drei Weltkugeln“ als Paten und Berater zur Verfügung. Den Freimaurern wurden in den neuen Bundesländern 64 Grundstücke rückübertragen, darunter das Potsdamer Logenhaus.

Wiedererstanden ist 1992 auch die erst 1930 ins Leben gerufene Loge „Stern von Sanssouci“, die mit der Teutonia zusammenarbeitet. Die älteste Potsdamer Loge, „Minerva“, wurde 1968 in Westberlin wiederbegründet. Zuvor war die von einem Mitglied aufbewahrte Statue der altrömischen Göttin, die als Altarfigur diente, aus der DDR herausgeschmuggelt worden. „Minerva“ ist heute in Potsdam nicht mehr tätig.

Erhart Hohenstein

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })