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Homepage: Im Zentrum der Macht Seminar von Politologen im Außenministerium

Uni einmal ganz anders: Anstatt nach Griebnitzsee geht es nach Berlin. Unweit des Doms erstreckt sich der gigantische Block des Auswärtigen Amtes.

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Uni einmal ganz anders: Anstatt nach Griebnitzsee geht es nach Berlin. Unweit des Doms erstreckt sich der gigantische Block des Auswärtigen Amtes. Hier findet in diesem Semester ein Seminar der Politologen zu aktuellen Fragen deutscher Außen- und Sicherheitspolitik statt, geleitet von Botschafter a.D. Dr. Dieter Boden. Auf dem Weg zu einem der verborgenen Hintereingänge des monolithischen Gebäudekomplexes beginnt der Hochsicherheitstrakt. An jedem Laternenpfahl mindestens eine Kamera, die Gasse am Spreearm wird nur von schwarzen Regierungslimousinen durchfahren.

Die wenigen Fußgänger, die hier noch lang gehen, drehen sich hektisch um, wenn sie Schritte hinter sich hören. Der erste Versuch an einem der verborgenen Eingänge scheitert: „Wollen sie auch zum Minister?“ Nein, zum Seminar. Also wird man von Polizei eskortiert zum nächsten Eingang gebracht. Hier warten schon knapp 20 Studierende der Potsdamer Uni in der Kälte. Jemand versucht von innen die Tür zu öffnen. Erfolglos. Nach 15 Minuten dann endlich Einlass. Ex-Botschafter Boden entschuldigt sich nachdrücklich. Selten habe er sich so ohnmächtig gefühlt. Niemand konnte ihm die Tür von innen öffnen, alle Fenster versiegelt. Eine Beschwerde werde folgen.

Nun ist man also drin, im Zentrum der Macht. Hier wird die deutsche Außenpolitik gemacht. Das Seminar findet an diesem exklusiven Ort statt, weil die Referenten des Außenamtes nicht die Zeit für die Fahrt nach Potsdam haben, ist von Politik-Professor Otto Keck zu erfahren. Aber natürlich sei es auch eine einzigartige Gelegenheit für die Studierenden ein Semester lang hautnah zu erleben, wie und wo Politik gemacht wird.

Im vierten Stock erhält die handverlesene Gruppe Einlass in einen hellen sterilen Raum. Breite Fensterfronten geben auf beiden Seiten den Blick auf die Dächer Berlins frei. Alles vermittelt ein Gefühl der Erhabenheit. Ein Vertreter vom Auswärtigen Amt kommt durch die Hintertür und empfängt die Studierenden. Er wird ein Intro zu dem Gespräch über Energiepolitik geben. Und er stellt gleich klar: Bei Hintergrundinformationen keine Zitate, Verschwiegenheit nach Außen.

Diesmal steht ein hochaktuelles Thema auf dem Plan: Energiepolitik. Eine Studie zur Energie-Außenpolitik wird gereicht. Der Rahmen ist schnell abgesteckt. Vor dem Hintergrund der weltweit rapide ansteigenden Energienachfrage bei begrenzten Ressourcen erhält die bisher ökonomisch strukturierte Energiepolitik zunehmend auch strategische Bedeutung. So gerät sie auch in die Sphäre des Außenministeriums. Hinzu kommt der Klimaschutz, hier will Deutschland über Effizienzsteigerung und massiven Einsatz erneuerbarer Energien zum Vorbild werden. Auch dies berührt die Interessen der Außenpolitik.

Die Studierenden haben ihre Thesen geschickt in Fragen eingebaut. Wird Energie in Zukunft zunehmend eine strategische Ressource? Oder: sind die Äußerungen von Außenminister Steinmeier zu gemeinsamen europäischen Gasvorräten als Skepsis zu deuten? Und: wie sieht es mit Russland aus, steht hier ein deutscher Alleingang bevor? Was passiert überhaupt, wenn Gasprom mal wieder den Hahn zudreht? Ganz zu schweigen vom gierigen Energiehunger auf dem internationalen Markt (China, Indien!) und den politischen Instabilitäten, die das Öl evoziert.

Tief in die Materie eingestiegen seien die Studierenden, lobt der Experte. Wirkliche Geheimnisse verrät er dann aber nicht. So viel lässt sich sagen: In Sachen Russland ist man im Auswärtigen Amt recht entspannt. Die Frage zu Energiehandel und Demokratiedefiziten, etwa in Zentralasien beantwortete schließlich Dr. Boden, der kurz vor einer Reise in die Region steht: Menschenrechte dürften nicht unter den Tisch fallen. Aber Energieversorgung sei eben ein „hartes Ringen“. Der Abgang verlief dann reibungslos: Die Ausgangstür wurde vom einem Polizisten weit aufgehalten.

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