Aus dem GERICHTSSAAL: Im Zeugenstand frech gelogen
Neonazi erhielt zu sechsjähriger Haftstrafe Zugabe von zehn Monaten ohne Bewährung
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Aus dem GERICHTSSAALNeonazi erhielt zu sechsjähriger Haftstrafe Zugabe von zehn Monaten ohne Bewährung Nur der Verspätung der Regionalbahn war es zu danken, dass Patrick B. am 23. März 2003 mit dem Leben davon kam. Der damals 17-Jährige wartete am frühen Morgen auf dem Bahnhof Rehbrücke, um zur Arbeit zu fahren, als er von drei Neonazis brutal zusammengeschlagen- und getreten wurde. Einer der Rechten schubste den der linken Szene Zugehörigen mit den Worten „Ab mir dir auf die Gleise“ auf die Schienen. Patrick B. – blutend und benommen – krabbelte in deren Mitte, rief von dort per Handy die Polizei. Noch bevor die Beamten eintrafen, zog ihn einer der Angreifer auf sicheres Terrain zurück. Dieser Aussage des Opfers glaubten sowohl die Richter des Land- als auch des Amtsgerichts, vor denen sich zwei der Schläger inzwischen verantworten mussten. Der Älteste – Heiko G. – wurde wegen schwerer räuberischer Erpressung sowie gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Während seines Prozesses vor dem Landgericht behauptete der bis dahin ein dutzend Mal vorbestrafte Gewalttäter, er habe Patrick B. lediglich aufgefordert, über die Gleise nach Hause zu gehen. Der Jugendliche sei daraufhin auf die Schienen gesprungen. Diese offensichtliche Lüge wiederholte er – diesmal als Zeuge ausdrücklich auf seine Wahrheitspflicht hingewiesen – während der Hauptverhandlung gegen seinen Gesinnungsgenossen Jens F. vor der Jugendrichterin beim Amtsgericht. Da rasselte er auch mit dem Staatsanwalt zusammen, der ihn aufforderte, die SS-Runen auf seiner rechten Hand abzukleben, was der Kahlgeschorene nicht tat. Gestern saß Heiko G. (28) nun wegen uneidlicher Falschaussage sowie Verwendens von verfassungswidrigen Kennzeichen auf der Anklagebank. Der Tätowierte blieb bei seiner Aussage, den alternativen Jugendlichen zwar geschlagen, ihn jedoch nicht auf die Gleise gestoßen zu haben. Patrick B. musste das schreckliche Geschehen zum wiederholten Mal Revue passieren lassen. Es sei eindeutig der Angeklagte gewesen, der ihn von hinten gepackt und mit besagtem Satz auf die Gleise geschubst habe, so der Wuschelkopf. Der damalige Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und die Jugendrichterin des Amtsgerichts – beide gestern als Zeugen geladen – bekräftigten, während der vorangegangenen Verhandlungen die Aussagen des Opfers als absolut glaubwürdig empfunden zu haben. Die beiden Zeugen bestätigten allerdings auch, dass Heiko G. in seinem eigenen sowie im Prozess gegen Jens F. beteuerte, den 17-Jährigen lediglich aufgefordert zu haben, nach Hause zu gehen, da es nun reiche. Amtsrichterin Kerstin Devriel sah beide Anklagevorwürfe als erwiesen an. Heiko G. erhielt zu seinen sechs Jahren Freiheitsstrafe eine Zugabe von zehn Monaten. „Über eine Aussetzung dieser Sanktion zur Bewährung brauchen wir bei Ihrem Vorstrafenregister ja wohl nicht reden“, so die Vorsitzende. Hoga
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