Landeshauptstadt: Im Zickzack um den Reiherberg
Eine 110-Kilovolt-Leitung wollen die Golmer nicht in ihrem Ort. Die Stadt unterstützt diese Haltung
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Golm – Zum geplanten Ersatzneubau einer 110-Kilovolt-Freileitung haben die Betroffenen in Golm eine Einwohnerversammlung erzwungen. Die Forderung: Die Stromtrasse dürfe nicht die Ortslage durchschneiden, sondern müsse auf einem Umweg um die Gemeinde herumführen.
Zwischen dem Bürgerwillen und dem Bereich Stadtentwicklung offenbarte sich am Donnerstag im Hörsaal auf dem Uni-Campus eine ungewohnte Einigkeit. Laut einem Stadtverordnetenbeschluss müssen im Planfeststellungsverfahren Alternativen angeboten werden. Sollte das nicht der Fall sein, müsse der Oberbürgermeister den Klageweg prüfen. Der Bereichsleiter Stadtentwicklung, Bernd Kahle, versicherte: „Der Oberbürgermeister wird in diesem Sinne die Gespräche mit dem Landesamt für Bergbau führen.“ Das Landesamt treffe am Ende die Entscheidung. Der Betreiber des Leitungsnetzes e.dis sei laut Kahle mit allen Vorschlägen einverstanden, wenn die Kommune die Mehrkosten trage.
Sachbearbeiterin Christine Hapig-Tschentscher zeigte in einer Projektion die denkbaren Varianten zur Schonung der Ortslage: Trassenführung entlang der Bahnlinie sowie zwei Varianten im Zickzack-Kurs um den Reiherberg herum. Dadurch würde der Siedlungsraum entlastet, der „Naherholungsbereich“ wie Niedermoor und Landschaftsschutzgebiet jedoch belastet. Circa 1,5 Kilometer Leitungsweg würden zusätzlich anfallen. Die Mehrkosten wurden auf der Versammlung zuerst auf fünf Millionen und schließlich auf 2,8 Millionen Euro beziffert. Eine Erdverkabelung werde teurer als die Freileitung. Warum die Trasse eine solche Zickzack-Form haben müsse, blieb unbeantwortet. Offenbar gibt es noch Möglichkeiten zur Verbesserung, um den Umweg zwischen Reiherberg und Mülldeponie zu verkürzen.
Mario Wersig, einer der vier Initiatoren der Einwohnerversammlung: „Wir wollen die Stadtverwaltung schieben, sich für Golm zu engagieren.“ Die Nutzungsdauer der Stromtrasse sei für 80 Jahre ausgelegt. Jetzt bestehe die Chance, eine bessere Lösung zu finden. Kahle bekräftigt: „Wir haben beim Landesamt gefordert, die Leitung aus dem Siedlungsbereich herauszunehmen.“
Wie die Sache am Ende ausgeht, bleibt ungewiss. Unwahrscheinlich scheint eine Trassenführung entlang der Bahn. „Mir schwillt der Kamm, wenn ich diese Alternative sehe“, sagt ein Anwohner. Es gebe bereits erhebliche Belastungen durch die Bahn und dann käme noch der Elektrosmog dazu.
Mit dem Ersatzneubau der 110-kV-Freileitung von Wustermark bis Geltow verfolgt der Netzbetreiber das Ziel, die Übertragungsfähigkeit zu erhöhen. Die jetzige Leitung bringe die erforderliche Leistung nicht, heißt es. Stadtverordneter Marcus Krause (SPD) sagt, dass dadurch eine höhere magnetische und elektrische Belastung zu erwarten sei. Die Trasse müsse daher aus dem „Schutzgut Mensch“ herausgenommen werden – am besten durch Erdverkabelung. Über die Deckung der Mehrkosten entscheide die Stadtverordnetenversammlung. Bei der Kostenberechnung sei zu berücksichtigen, dass eine Erdverkabelung erheblich geringere Stromverluste mit sich bringe als eine Freileitung.
Günter Schenke
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