Landeshauptstadt: Immer am Wasser entlang
Während der zweiten Radtour im Rahmen der PNN-Leserserie „Potsdam Erleben“ blieb der befürchtete Regen aus. Wer sich dem wasserreichen westlichen Potsdamer Umland auf dem Fahrrad nähern will, trifft mit der Tour die richtige Wahl
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Während der zweiten Radtour im Rahmen der PNN-Leserserie „Potsdam Erleben“ blieb der befürchtete Regen aus. Wer sich dem wasserreichen westlichen Potsdamer Umland auf dem Fahrrad nähern will, trifft mit der Tour die richtige Wahl Der Petzinsee diente einigen Talenten der Potsdamer Rudergesellschaft am vergangenen Sonnabend als bevorzugtes Trainingsrevier. Das Wasser lag ruhig, als mehrere Boote gegen 16 Uhr die enge Passage hinüber zum Templiner See ansteuerten. Unterhalb der Brücke an der Eisenbahnstrecke hin zum Bahnhof Caputh-Geltow spielte sich wenig später ein kleines Drama ab. Ein Vierer mit Steuerfrau lief Gefahr, geradewegs auf eine der beiden Ufermarkierungen aus Beton zu prallen. Eine konkrete Schuldzuweisung ließ sich noch vernehmen („Mensch, Julia!“), ehe dann abruptes Bremsen das Schlimmste verhinderte. Etwas abseits standen zwei Angler, die sich zuvor noch über die große Gruppe Radfahrer gewundert hatten, die gerade zur Rast eingetroffen war. Im Angesicht der bedrohlichen Szene auf dem Wasser entfuhr es dem einem , wie „abgefahren“ dies doch sei. Wenig später, die Ruderinnen waren längst in Richtung heimatlichem „Seekrug“ entschwunden, machten sich auch die insgesamt vierzig Teilnehmer der zweiten von insgesamt vier Radtouren innerhalb der PNN–Leserserie „Potsdam erleben“ auf die verbleibenden rund fünf Kilometer hin zum Ziel in die Neustädter Havelbucht. Reichlich vier Stunden hatte sie gedauert, die Umrundung des rund 850 Hektar großen Wildparks, der einst von Friedrich Wilhelm IV. eingefriedet und als herrschaftliches Jagdrevier genutzt wurde. Abgefahren wurde vom Platz der Einheit, an dem PNN–Geschäftsführer Stephan Körting das Teilnehmerfeld begrüßte. Die Ausfahrt aus der Innenstadt vorbei am Krongut Bornstedt und am Neuen Palais gestaltete sich aufgrund verschiedener Hindernisse zögerlich. Die erste von insgesamt drei Reifenpannen war behoben, als das Fahrerfeld mit Erreichen der Lindenallee endlich konstant Tempo aufnehmen konnte. „Es ist immer wichtig, vor Beginn einer Radtour den Reifendruck zu prüfen. Ist dieser zu schwach, zieht das Gummi kleine Steine an wie ein Magnet“, merkte Ulf Hildebrand von Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) an. Während seine Mitstreiterin Helga Graetz vorn das Tempo vorgab, sicherte Materialexperte Hildebrand den Tross als Schlussmann. An der Henning-von- Tresckow-Kaserne war von Helga Graetz viel aus der wechselvollen Geschichte des Gebäudekomplexes zu erfahren. Im Dritten Reich war er unterbunkertes Ausweichquartier der Luftwaffe. Heute beherbergt er das Einsatzkommando der Bundeswehr für Auslandseinsätze. Der „Blick des Tages“, wenn es denn so etwas gibt, bot sich an der Anglerklause, die sich etwas abseits der Straße Am Wasser befindet. Vom vorgelagerten Bootssteg aus hat man beste Sicht auf die Werderaner Inselstadt. Fortan rollt man immer am Wasser entlang. Zunächst an der Havel bis hin zur Handweberei, die 1939 von Henni Jaensch in Geltow eröffnet wurde. Dort wird auch heute noch in historischem Ambiente die traditionelle Kunst des Handwebens gepflegt. Handwebmeisterin Ulla Schünemann leitet seit 1987 die Weberei, Tochter Bianca führte gemeinsam mit zwei anderen Frauen vor, dass das Weberhandwerk in seiner ursprünglichen Form durchaus etwas mit aktiver Körperertüchtigung zu tun hat. Zu besichtigen ist dies übrigens außer an Feiertagen von Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr. Baumgartenbrück war erreicht und auch die eigenwillige Geschichte des Löwendenkmals mit zwischenzeitlicher Verbringung durch die Rote Armee gehört, als es zügig in Richtung Petzinsee ging. Wer diesen Tourabschnitt übrigens vormittags durchfährt, dem begegnen mit Melanie Seeger und Sabine Zimmer womöglich die beiden derzeit besten Geherinnen Deutschlands beim Training. Die Athletinnen vom SC Potsdam haben sich bereits für die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Helsinki qualifiziert und stecken mitten in den Vorbereitungen auf den Saisonhöhepunkt. Am Petzinsee warteten die Grillmeister Wolfgang Altmann und Andreas Bastian, die auf jeder der vier PNN-Radtouren für das leibliche Wohl der Teilnehmer sorgen. Die Cheerleader des SV Babelsberg 03 boten Kostproben ihres beachtlichen Könnens, während sich unten am Wasser besagter Beinahe-Crash ereignete. Die ihn mitbekamen, registrierten ihn mit einem Schmunzeln und hatten sich zu diesem Zeitpunkt darüber verständigt, dass die Tour entsprechend der Wettervorhersage fast ohne Regen über die Bühne ging. Die reichliche halbe Stunde Rast bot manchem Mitfahrer Gelegenheit für einen Plausch. Man kam sich näher und fuhr schließlich gut gelaunt am Templiner See entlang dem Tagesziel entgegen. Die Moschee an der Breiten Straße, von wo aus nachts maximal 6500 Kubikmeter Wasser zur Beregnung der Parkanlagen in Sanssouci und zum Betreiben der Fontänen hinauf auf den Ruinenberg gepumpt werden, war diesmal Endpunkt. Sie wurde nach einem Entwurf von Ludwig Persius erbaut und gilt als schönstes Wasserwerk Europas. Geübte Radler durchfahren die insgesamt 23 Kilometer ohne Rast in weniger als zwei Stunden. Der Untergrund lässt kilometerlanges sportliches Fahren zu, Erst die Schlusspassage am Templiner See ist in diesem Zusammenhang etwas beschwerlicher. Schönster Abschnitt ist sicher der von Baumgartenbrück bis an den Petzinsee. Binnen 1,5 Kilometern rollt der Radler durch sattes Grün und hat rechterseits einen wunderbaren Blick auf ein Idyll für Angler und Wassersportler. Die Tour „Rund um den Wildpark“ ist wie geschaffen dafür, sich der wasserreichen Umgebung Potsdams auf neue Art und Weise zu nähern. Wer die Muße hat und dem Alltag in der Landeshauptstadt einmal für kurze Zeit entfliehen will, der sollte sich streng an die beiliegende Karte halten. Das Tempo ist individuell wählbar. Zu sehen gibt es jede Menge, nicht zuletzt für den naturverbundenen Fahrradfahrer.
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