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Morgen wieder gefordert. Kreisspieler Alexander Urban zählt längst zu den Leistungsträgern des VfL Potsdam.

© Manfred Thomas

Von Thomas gantz: Immer mit doppeltem Pensum

Alexander Urbans Alltag beeinhaltet mehr als das Dasein als Bundesliga-Handballer

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Danach gefragt, welcher Wesenszug ihn denn wohl zutreffend kennzeichnen könnte, überlegt Alexander Urban nicht lange. Er sei Realist und damit bisher persönlich und sportlich größtenteils sehr gut gefahren, sagt er. Dies gelte auch uneingeschränkt für sein Dasein als Handballer des Zweit-Bundesligisten VfL Potsdam, mit dem der 31-Jährige morgen Nachmittag im wichtigen Platzierungsspiel gegen den Wilhelmshavener HV Heimvorteil hat (16 Uhr, Sporthalle Heinrich-Mann-Allee). Nach Lage der Dinge wird sich der Modellathlet dann wieder als Schwerstarbeiter betätigen.

Urban ist zu gleichen Teilen Kreisspieler des aktuellen Tabellenvierten und unverzichtbarer Bestandteil des Abwehrwalls, für dessen Qualität Potsdams Handballer in der 2. Bundesliga Nord von der Konkurrenz vielleicht am meisten geachtet werden. Urbans Körpergröße von 1,93 Metern prädestiniert ihn geradezu für die Doppelrolle, in der er einerseits Schulter an Schulter mit seinen Mitspielern agiert und andererseits oft recht verloren wirkt, wenn das eigene Team in die Offensive geht und am gegnerischen Kreis das Geschiebe losgeht.

Alexander Urban, der in Spremberg geboren wurde, im Sommer 2009 vom Süd-Zweitligisten EHV Aue nach Potsdam kam und beim VfL zunächst neben dem Torhüter Ariel Panzer (jetzt VfL Bad Schwartau) einziger Berufshandballer war, hat sich in seinem Team längst einem ansehnlichen Status erspielt. Rüdiger Bones hat sich binnen kurzer Zeit ein klares Urteil über ihn gebildet. „Menschlich und charakterlich ist er einwandfrei, sportlich für uns vor allem in taktischer Hinsicht sehr wichtig, weil er ein kompletter Feldspieler ist“, so der seit Anfang Juli im Amt befindliche VfL-Trainer. Bones misst, wie er selbst sagt, der Position des Kreisspielers eine größere Bedeutung bei als mancher seiner Trainerkollegen. „Wenn etwa jemand in dieser derart zentralen Position falsch steht, geht das ganze Angriffsspiel in die Hose", sagt er.

Urban nimmt dies gelassen zur Kenntnis. Wer sich mit ihm unterhält, trifft auf ein intelligentes und sympathisches Gegenüber, dessen Alltag längst mehr ausmacht als die Fixierung auf den Handball. Er erzählt darüber so wie er spielt – unaufgeregt und konzentriert. Und frei vom Verdacht, auch nur eine Spur altklug zu wirken. Als Urban fünfeinhalb Jahre in Aue unter Vertrag stand, studierte er nebenher an der Technischen Universität Chemnitz und erwarb dort schließlich den Titel eines Diplom-Wirtschaftsingenieurs. In Potsdam fährt er sportlich und beruflich ein doppeltes Pensum, nutzt seine betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten und ist in Teilzeit für eine Unternehmensberatung tätig. Besorgt hat er sich die Stelle selbst. Urban ist froh, dass sich vieles rund um die Mannschaft im vergangenen Sommer zum Positiven verändert hat und sich die derzeitige Situation offenbar so gestaltet, dass der wirtschaftlich nicht zu den Schwergewichten der Liga zählende VfL Potsdam durch Mobilisierung anderer Werte tatsächlich die Qualifikation für die nach dieser Saison zu formierende eingleisige Zweite Liga schaffen könnte.

„Bei uns ist jeder Spieler ehrgeizig genug, für dieses Ziel in Vorleistung zu gehen. Ich kann für die gesamte Mannschaft sprechen wenn ich sage, dass wir unseren Teil erbringen wollen. Was dann kommt, wird man sehen. Ich bin gespannt", so Urban, der vor sieben Jahren auch einmal einige Erstligaspiele für den ThSV Eisenach absolvierte und dort auch mit Johnny Jensen sein sportliches Leitbild kennenlernte. "Sein Leistungswille war vorbildlich, eine echte Persönlichkeit eben", sagt er über den Norweger, der in diesem Jahr seine Karriere bei der SG Flensburg/Handewitt beendete.

Urban liegt die skandinavische Mentalität sowieso nahe. Und er hat sich in diesem Zusammenhang über Potsdam so seine Gedanken gemacht: "Ich amüsiere mich manchmal darüber, wie sehr sich die Stadt doch als Nabel der Welt begreift. Vielen Leuten hier fehlt ein bisschen die Entspanntheit und Herzlichkeit, die den Alltag und Lebensrhythmus anderswo, zum Beispiel in Leipzig, kennzeichnen. Kleinigkeiten seien dies jedoch, die dem mit seiner Freundin Linda und dem Labrador Milo in der Teltower Vorstadt Wohnenden nicht ernsthaft das Wohlfühlen in Potsdam vermiesen.

Im kommenden Sommer läuft Alexander Urbans Vertrag mit dem VfL Potsdam aus. Gleiches gilt für andere erfahrene VfL-Spieler (Enrico Bolduan, Lars Melzer, Victor Pohlack). Was dann kommt, rückt wohl erst in einigen Monaten wirklich in den Mittelpunkt des Interesses. „Wir älteren Spieler sind jetzt allmählich soweit, dass wir uns bewusst werden, dass die Handballkarriere nicht mehr ewig andauern wird. Der Verein braucht perspektivisch weitere Spieler, die Verantwortung übernehmen wollen und tragen können. Dass das Geld kostet, ist klar“, gibt Urban zu bedenken. Einstweilen beschäftigt ihn jedoch das Hier und Jetzt. Gegen Wilhelmshaven geht es morgen für den VfL Potsdam darum, den Platz im Tabellenvorderfeld zu behaupten. Alexander Urban geht guter Dinge in die Partie.

Thomas gantz

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