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Freie Auswahl: Freie Lehrstellen gibt es mehr als genug in Potsdam. Auf jeden Schulabgänger kommen in diesem Jahr zwei Ausbildungsplätze.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: In Berlin auf Azubi-Jagd

IHK will Lehrlinge im Umland werben 200 Jugendliche beim Ausbildungstag

Stand:

Potsdam kann seinen Azubi-Mangel nicht mehr aus eigener Kraft ausgleichen und will daher im Umland und in Berlin auf Lehrlings-Fischzug gehen. Erstmals werde man zu diesem Zweck im Herbst die Berliner Bezirksämter ansprechen, sagte Wolfgang Spieß, Leiter des Geschäftsbereichs Bildung bei der Industrie- und Handelskammer Potsdam (IHK) gestern den PNN. Allein in diesem Jahr stehen in der Landeshauptstadt knapp 1200 noch offenen Stellen lediglich halb so viele Schulabgänger und damit potenzielle Lehrlinge gegenüber.

Um dem generellen Ausbildungsproblem Herr zu werden, hatte die IHK gestern zum bundesweit begangenen Tag der Ausbildungschancen geladen. Motto: „Mach es in Potsdam“. Und damit es die Jugendlichen in Potsdam „machen“, machte es Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) ihnen mit einem eindrucksvollen Datenpaket schmackhaft. In fast allen Wirtschaftsbereichen habe die Stadt Spitzenpositionen inne, lockte der Rathauschef. Beim Bruttoinlandsprodukt je Einwohner etwa liege man in Ostdeutschland auf Rang vier – 2007 betrug das Volumen 4,6 Milliarden Euro. In den letzten zehn Jahren stieg es um 23 Prozent. Potsdam habe im Osten die viertgeringste Arbeitslosenquote, die günstigste demographische Entwicklung dank sattem Geburtenüberschuss, die höchste Einkommensteuerkraft. Experten, so Jakobs, prophezeiten der Stadt im Zeitraum 2006 bis 2015 einen weiteren Aufstieg: Die Wirtschaftsleistung werde sich in dieser Zeit laut Prognose um fast zwölf Prozent erhöhen, die Bevölkerung um 3,8 Prozent wachsen, ebenso die Zahl der Arbeitsplätze. Die Folge wäre demnach ein Kaufkraftzuwachs um 11,5 Prozent.

Vor diesem ausgezeichneten Hintergrund sei es „unverständlich“, dass es immer noch Schüler gebe, die keinen Ausbildungsplatz annähmen, so Jakobs. „Wir können es uns nicht leisten, selbst auf die schlecht Ausgebildeten zu verzichten.“ Um diese Jugendlichen müsse man sich in „besonderer Weise kümmern“, forderte Jakobs, etwa über Förder- und Qualifizierungsprogramme.

Wie drastisch sich die Ausbildungsmisere auf einzelne Branchen auswirkt, erläuterte Spieß am Beispiel des Gastronomiegewerbes. Einer IHK-Umfrage unter 56 Unternehmen zufolge klagen drei Viertel der Betriebe bereits über Engpässe bei der „Personalrekrutierung“. Allerdings ist die Zahl der Ausbildungsplätze in der Branche binnen sechs Jahren auch deutlich nach unten gegangen. Waren es 2003 im Kammerbezirk noch 2424 Lehrstellen, sank die Zahl im vergangenen Jahr auf nur noch 1926. Doch wollen die Firmen laut Spieß nun wieder verstärkt im Ausbildungssektor aktiv werden. Auch die Auszubildenden hat die IHK befragt. Das Ergebnis ernüchtert. Fast ein Viertel der Jugendlichen erklärte, sie hätten sich für einen Gastronomieberuf entschieden, weil sie „nichts anderes gefunden haben“.

Insgesamt stellten sich beim Ausbildungstag gestern 40 Unternehmen vor und präsentierten ihre Berufsperspektiven. 200 Jugendliche von Potsdamer Schulen waren vor Ort. „Für Potsdam sind wir damit zufrieden“, so Spieß. pee

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