Landeshauptstadt: In Delphi-Sprache zu den Fischen
Ihr Tauchroboter „Ground Explorer“ soll nach monatelanger Arbeit auch der Wissenschaft helfen
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Der Anfang war beinahe banal, das Ende ist offen. Mehr als 3000 Arbeitsstunden haben drei Schüler der Lenné-Gesamtschule inzwischen in ihr Hobby investiert, an dessen Ausgangspunkt nur diese eine Frage stand. „Was machen eigentlich die Fische da am Grund des Sees, während wir die Angel vom Ufer aus ins Wasser halten?“ Die Antwort darauf suchten Martin Wuck, Christoph Löbert und David Lenk nicht wie gewöhnlich im Internet oder in einem Buch – sie besorgten sich hunderte von Elektronikteilchen, löteten sie zusammen, umschlossen sie mit einem wasserdichtes Gehäuse, installierten eine Kamera und ließen es zu Wasser. Aus dem Prototypen, der die ersten Bilder der Unterwasserlandschaft verschiedener Seen in den Speicher transportierte, ist inzwischen ein kleines High-Tech-U-Boot entstanden. Mit dem so genannten „Ground Explorer“ wollen die Schüler der 13. Klasse nun bei „Jugend forscht“ teilnehmen und es möglichst bis ins Bundesfinale schaffen.
Im Keller des Hauses von Martin Wuck haben sie mehrere Nächte verbracht, um das Gerät bis zur heutigen Regionalschau des Wettbewerbes flott zu bekommen. Etwa 1600 Euro haben sie in den Tauchroboter investiert, der inzwischen per Mausklick bis in eine Tiefe von 20 Metern tauchen kann. Dafür sorgen eine kabellose Funkverbindung zwischen dem Notebook und dem Tauchboot sowie ein extra geschriebenes Computerprogramm in der Sprache Delphi, die sie zu den Fischen bringt. „Immer wieder kommen neue Komponenten an dem Projekt hinzu, die müssen auch jedes Mal ins Programm geschrieben werden, damit sie funktionieren“, sagt David Lenk. Die Motoren des Fahrzeuges sind in herkömmlichen Kunststoffrohren angebracht worden, zwei Gelbatterien sorgen für eine bis zu sieben Stunden lange Tauchfahrt und eine Scheibenwischerpumpe vom Auto sowie ein Benzinfilter sind für das Einsaugen unter Wasser verantwortlich. Inzwischen kann der Roboter auch Live-Bilder aus der Tiefe senden, den PH-Wert des Wassers in der Tiefe messen und die Wassertemperatur bestimmen. Die Möglichkeiten für eine Erweiterung der Fähigkeiten des Tauchkastens sind unbegrenzt, schätzen die Hobbyforscher ein – die finanziellen Kräfte der drei jedoch nicht. Daher sind sie während der Bauzeit zu Unternehmen gegangen, haben Briefe geschrieben und um Unterstützung gebeten. Nun sind die Teile von sieben verschiedenen Firmen verbaut worden.
Während die Lehrer die drei Schüler bei der Bewältigung des Schulalltages unterstützten und der Förderverein der Schule 600 Euro zur Kostendeckung besteuerte, halfen Firmen mit Sachspenden. Ein Unternehmen aus Großziethen hat beispielsweise die Computer-Chips zur Verfügung gestellt, ein anderes Unternehmen 150 LED-Leuchten für die Scheinwerfer in der Tiefe. In welche Tiefen sie damit bei Wirtschaft oder in der Zukunft eindringen, versuchen die drei nun auszuloten. „Trophäen bei solchen Wettbewerben sind wertvoller als manche Schulnote“, sagt Schulleiter Ingo Müller. Es entspricht seiner Philosophie, Schüler bei solchen Arbeiten zu unterstützen und sie in ihren Kerninteressen zu fördern. Auch wenn sie selbst eingestehen, bei den Sprachen hapert es ein bisschen. Das ist Müller egal, „so lange es nicht aus dem Ruder läuft“. Er nehme auch Schüler mit einer Englisch-Drei aus der sechsten Klasse auf, wenn sie sich fürs Lernen begeistern. Dabei erinnert er sich an frühere Teilnehmer dieses Wettbewerbes von seiner Schule, die inzwischen ihr Informatikstudium abgeschlossen haben und an Hochschulen arbeiten. Vor den jetzigen Teilnehmern hat Müller ebenfalls Respekt: „Die Jungs sind Tüftler.“ Ziel des Projektes war es, mit wenig finanziellem Aufwand einen konkurrenzfähigen Forschungsroboter zu entwickeln, der ohne Fachwissen einfach zu bedienen ist. Nun hoffen sie gemeinsam mit ihrem Informatiklehrer Thomas Jandt auf praktische Anwendung. Er kann sich vorstellen, dass Werften oder Bootsbesitzer auf den Tauchroboter zurückgreifen. Denn damit kann der Schiffsboden rundum besichtigt werden, ohne das Boot aus dem Wasser zu hieven. Aber auch wissenschaftliche Institute stellt er sich als Kunden für das Gerät vor, dass in nächster Zeit weiter entwickelt werden soll. Wohin die Entwicklungsreise für den Tauchroboter in den nächsten Jahren geht, ist somit offen. Jan Brunzlow
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