
© Gedenkstätte
Landeshauptstadt: In der Kellerzelle
Exponate der neuen Ausstellung in der Gedenkstätte Leistikowstraße vorgestellt
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Am 18. April wird die Dauerausstellung in der Gedenk- und Begegnungsstätte Ehemaliges KGB-Gefängnis in der Leistikowstraße 1 eröffnet. Die „Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten“ ist Träger der Gedenkstätte und hat für die Schau umfangreiche Forschung betrieben. In einer fünfteiligen Serie stellen die PNN in Kooperation mit der Stiftung fünf Ausstellungsstücke und ihre Geschichte vor.
DER HÄFTLINGSBERICHT von Waldemar Hoeffding ist der früheste bisher bekannte solche Bericht über das Gefängnis Leistikowstraße. In der Ausstellung werden Auszüge daraus zu hören sein. Die Neue Zürcher Zeitung druckte den Bericht im Februar 1949 in einer achtteiligen Serie ab. Er fand seinerzeit weite Verbreitung in der Presse und im Rundfunk der westlichen Welt. Nicht nur skandinavische, britische und amerikanische Blätter veröffentlichten den Zeitzeugenbericht, auch die BBC sendete ihn in vielen verschiedenen Sprachen. Aufgeschrieben hatte ihn Waldemar Hoeffding (1886–1979), der ab dem 31. Dezember 1945 im Gefängnis Leistikowstraße inhaftiert war. Der Sohn dänischer Eltern, der in St. Petersburg aufgewachsen und durch sein Studium in England und seine Tätigkeit als Journalist für die Neue Zürcher Zeitung westlich sozialisiert war, wurde als „Vaterlandsverräter“ der Spionage verdächtigt, jedoch nie angeklagt. Im September 1948 gelang ihm die Flucht. Jetzt wurde sein Bericht wiederentdeckt.
Hoeffding beschrieb unter anderem Folgendes: „Eines Tages wurde ich die Treppen hinunter in den Keller geführt. In seinen etwa zehn größeren und kleineren Räumen konnten schätzungsweise 60–70 Häftlinge untergebracht werden. Ich habe während der fünf Monate, die ich hier verbrachte, die Bekanntschaft mit drei von diesen Zellen gemacht. In zwei von Ihnen ließen die zugemauerten Kellerfenster eine Ritze offen, durch die noch ein spärlicher Strahl von Tageslicht durchdrang; die Zelle Nr. 14, in der ich die längste Zeit verbrachte, war jedoch ganz ohne Tageslicht sowie ohne Ventilation. Im Frühjahr konnte man manchmal im Keller kaum atmen. Es entwickelte sich auch eine böse Feuchtigkeit, so dass meine Decke – ich war der einzige glückliche Besitzer einer solchen – so feucht war, dass man sie fast mit den Händen auswringen konnte. Diese Zelle, in der ich die größere Zeit meines fünfmonatigen Kelleraufenthalts verbringen sollte, war ein Raum von neun mal vier Meter. Etwa drei Viertel dieser Fläche war von einer Bretterpritsche in Anspruch genommen, die für etwa zwölf Insassen Platz bot und noch einen schmalen Korridor längs der Innenwand übrigließ, in dem wir uns während unserer täglichen ,Spaziergänge’ einzeln – die anderen durften die Pritsche dann nicht verlassen – hin- und her bewegen konnten.“
IN DIE ZELLE]Der fünfte Teil der Serie erscheint morgen in den PNN
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