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Landeshauptstadt: In Großvaters Fahrspur

Detlef Baatz führt eine Familientradition fort – mit Potsdams ältestem Taxiunternehmen

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Die Taxifahrt mit Detlef Baatz und seinem nagelneuen Mercedes 211 mag manch Kunde als angenehmes Erlebnis im Gedächtnis behalten. „Taxifahren ist für mich ein Stück Tradition und Verpflichtung, die ich mir auferlege“, sagt der 43-Jährige, der schon als Junge in Großvaters Taxi mitfuhr und mit 20 Jahren als Fahrer in dessen Unternehmen anfing. Bei den Großeltern aufgewachsen, kam Detlef Baatz frühzeitig mit dem Taxigeschäft in Berührung, wurde gleichsam darauf geprägt. „Mein Opa war überall dabei, er war meine Bezugsperson.“ Die „Bezugsperson“, zwar streng und ein wenig „preußisch“, wollte jedoch nur das Beste für den Enkel: „Lerne erst mal einen Beruf und dann können wir uns über deinen Einstieg als Taxifahrer unterhalten.“ Und so wurde der Jugendliche zunächst Ausbaufacharbeiter und Maler.

Die Geschichte von „Taxi-Baatz“ reicht bis zum Ur-Ur-Großvater zurück. Ein vergilbtes Foto zeigt Max Baatz im Jahre 1885 mit einem Pferdewagen. Der Fuhrbetrieb mit Sitz in der Mittelstraße 3 bestritt sein Hauptgeschäft mit dem Transport von Obst und Gemüse nach Berlin. Als eigentliches Geburtsjahr für den Taxibetrieb datiert Detlef Baatz das Jahr 1912, und er zeigt die Fotografie eines antiken Cabriolet-Taxis – im Winter mit Verdeck –, in dem sein Urgroßvater als Fahrer sitzt. Nach dem zweiten Weltkrieg sah es mit dem Taxigeschäft schlecht aus und Urgroßvater hielt sich mit Speditionsaufträgen über Wasser. Ein Bild zeigt einen Opel-Planwagen mit der Aufschrift „Eiltransporte Max Baatz Mittelstraße 13“.

Als Großvater, der ebenfalls Max hieß, nach zehn Jahren aus dem Krieg und sechsjähriger russischer Gefangenschaft nach Potsdam zurückkehrte, konnte er bei seinem Vater als Taxifahrer einsteigen. Die Fahrzeuge der fünfziger Jahre waren ein Opel Olympia und ein für die damalige Zeit auffälliger Opel Kapitän. Dessen Chrom- und Glanzkarosse erregte den Unwillen der Behörden und als in Potsdam die ersten „Arbeiterfestspiele“ stattfanden, hieß es: „Wir können den Arbeitern nicht ein kapitalistisches Auto zumuten.“

Also stieg Max Baatz auf einen Wartburg 311 um. In der Familienchronik hat der Urenkel den Konzessionsvertrag mit dem VEB Personenkraftverkehr Potsdam aus dem Jahre 1960 aufbewahrt. Auf dem vergilbten Papier heißt es darin mit verbleichender blauer Ormig-Schrift: „Auch den Inhabern und Beschäftigten der privaten Taxi- und Mietwagenunternehmen ist im Rahmen der Entwicklung des Sozialismus in der Deutschen Demokratischen Republik die Möglichkeit gegeben, ihre Kräfte für den weiteren Aufbau unserer Wirtschaft einzusetzen.“ Der Staat wolle die Privaten „enger mit dem sozialistischen Sektor des Kraftverkehrs verbinden“ und den „planmäßigen Einsatz ihrer Fahrzeuge entsprechend den im Volkswirtschaftsplan enthaltenen Beförderungsaufgaben“ ermöglichen, hieß es weiter. So waren die Taxiunternehmer eingebunden und mit einem bestimmten Treibstoff-Kontingent eingeengt. „Noch als ich 1982 in Opas Taxibetrieb anfangen wollte, hieß es: Es gibt nur ein Kontingent“, berichtet Detlef Baatz. Ein Kontingent, das waren maximal 600 Liter Benzin im Jahr. Aber immerhin: Die Konzession von damals ist bis heute fortgeschrieben.

Die Wende erlebte Detlef Baatz somit als konzessionierter privater Taxiunternehmer, ab November 1990 im VW Passat. „Die erste Zeit nach der Wende war eine Katastrophe, jeder hielt seine D-Mark fest.“ Mitte der neunziger Jahre kehrte wieder Normalität ein. „Das war eine gute Zeit, aber wir hatten vergessen zu investieren und über den eigenen Horizont hinaus zu schauen.“ Erst in den letzten Jahren habe die Taxigenossenschaft über eine neue Vermittlungstechnik nachgedacht und vor 14 Tagen auch zum Einsatz gebracht. Detlef Baatz, seit Mitte 2005 vom Aufsichtsrat zu einem der beiden Vorstände der Taxigenossenschaft Potsdam gewählt, hat an der Einführung des neuen Datenfunks großen Anteil.

Die derzeitige Geschäftlage für die Taxi-Unternehmerschaft bezeichnet Baatz, der eigentlich zu den optimistisch gestimmten Menschen gehört, als „eher schlecht“. Sinkende oder gleich bleibende Einkommen und die Sparmaßnahmen beim Krankentransport wirkten sich negativ aus. Aber es gebe viel Potenzial. Potsdam mit seinen touristischen Sehenswürdigkeiten und zahlreichen Events sei ein gutes Taxi-Pflaster. Die Unternehmer könnten durch „Gewerbeaktivität“ selbst viel zum Aufschwung beitragen: durch Kundenausrichtung, gute Technik, durch Qualität, Service und korrektes Auftreten bis hin zum Outfit des Fahrzeugs und des Fahrers. „Der Kunde muss sich gerne an die Taxifahrt erinnern“, dieser Anspruch müsse zum Geschäftsprinzip jedes Taxiunternehmers werden.

Günter Schenke

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