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Von Lars Hartfelder: In unberührter Natur auf der Neiße treiben lassen

Rund um Forst können Touristen im deutsch-polnischen Grenzgebiet paddeln

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Forst - Vorsichtig schiebt Thomas Eck das Paddelboot über eine wackelige Holztreppe ins Wasser. „Die Strömung ist heute ziemlich stark“, sagt der 41-Jährige, der das Boot nur mit Mühe festhalten kann. Beim Einsteigen ist Gleichgewichtssinn gefragt. Dann beginnt die ungewöhnliche Reise auf dem deutsch-polnischen Neiße-Grenzfluss. Seit diesem Sommer können Wagemutige ab Forst (Landkreis Spree-Neiße) auf dem früher streng bewachten Grenzstreifen eine geführte Paddeltour in ungestörter Natur erleben.

Ein beliebter Startpunkt einer knapp zweistündigen Fahrt befindet sich im Naturschutzgebiet Hispe, etwa fünf Kilometer südlich von Forst. Von der Bundesstraße 112 führt nur ein kleiner, holpriger Sandweg zur Neiße. Ziel ist ein altes Wehr, an dessen polnischer Seite ein Kraftwerk die Fließgeschwindigkeit zur Stromerzeugung nutzt. Zum Wasser führt eine provisorische Holztreppe. „Gestern lag hier noch eine Sandbank frei“, sagt Eck, der immer wieder von der schnellen Wandelung der Neiße überrascht ist. „Der Fluss sieht praktisch jeden Tag anders aus.“ Bis zu einem Meter könne der Wasserstand innerhalb weniger Tage variieren. Wenn es in Tschechien stark regne, steige die Neiße schnell an. Reizvoll an dem Fluss seien zudem die vielen Sandbänke, an denen sich bei sonnigem Wetter eine Rast und ein Sprung ins Wasser lohnten. „Der Fluss hat Badewasserqualität“, unterstreicht Eck. Schon wenige Meter nach dem Einlassen des Bootes durchfährt man die ersten Sohlschwellen, die laut Eck teilweise künstlich angelegt wurden, um die große Strömung zu verringern.

Mit etwa fünf bis sechs Kilometern pro Stunde treibt das Boot zügig in Richtung Forst. Einige blaue Libellen umschwirren emsig den Paddler. „Das Besondere an der Neiße ist ihre große Naturbelassenheit“, sagt der Paddler. Rund 60 Jahre lang seien die Ufer und das Umfeld des Grenzgebietes kaum verändert worden. „Der natürliche Lauf des Flusses wurde nicht beeinflusst.“ In Deutschland gebe es wahrscheinlich nirgends unberührtere Natur als in den Neiße-Auen rund um Forst. Neben Grau- und Fischreihern sei hier vor allem der seltene Eisvogel zu Hause. „Es gibt nichts Schöneres, als wenn der azurblaue Segler über die Neiße fliegt“, schwärmt der Naturliebhaber. Der Forster ist schon seit Jahren von der Neiße fasziniert. Nach dem EU-Beitritt Polens am 1. Mai 2002 war das Befahren des Grenzflusses mit Booten nach vorheriger Anmeldung bei der Bundespolizei erstmals wieder erlaubt. „Doch das war ziemlich aufwendig.“ Ende 2007 fielen alle Bestimmungen weg. „Seitdem dürfen Paddler auch auf beiden Ufern anlegen“, erzählt Eck, der sich mit einem kleinen Bootsverleih selbstständig gemacht hat. Ohne fachkundige Begleitung rät er vom Befahren der Neiße ab. „Der Fluss hat zu viele Tücken, die schnell gefährlich werden können.“ Deshalb gebe er Boote nie ohne Begleitung heraus. Während die Radler auf dem Oder-Neiße-Radweg das Boot von Thomas Eck beobachten, grüßt der Forster Anwohner auf der polnischen Seite mit „Dzien dobry“. Doch Zeit zum Plaudern bleibt ihm nicht. Das Boot treibt unaufhaltsam flussabwärts, vorbei am Forster Rosengarten. Hier biegt er in den Mühlgraben, der durch die Stadt führt. „Die Neiße ist erst weiter nördlich wieder befahrbar“, erklärt er. Nach zwei Kilometern zwischen blühenden Gärten und alten leerstehenden Fabriken ist der Bootssteg erreicht.

parija.de

Lars Hartfelder

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