Landeshauptstadt: Integration verbieten
27 Nachwuchsjournalisten aus 12 Ländern nehmen am M100 Jugend Medien Workshop in Potsdam teil
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„Als ich vor ein paar Wochen auf der Straße entlang lief, hörte ich, wie ein paar junge Männer einer schwarzen Frau, die nicht viel älter war als ich, boshaft hinterher riefen“, schreibt die 19-jährige Cristiana. „Sie sagte nichts, eine Fremde in einem fremden Land. Die Leute starrten sie an, die Jungs verhöhnten sie, aber sie sagte nichts.“ Derartige Szenen, schreibt Cristiana weiter, seien nicht selten in ihrer Heimatstadt.
Cristiana Moisescu stammt aus Rumäniens Hauptstadt Bukarest. Sie ist eine von knapp 40 Nachwuchsjournalisten aus ganz Europa, die sich für den fünften internationalen M100 Jugend Medien Workshop vom 3. bis 7. September in Potsdam beworben haben. 27 junge Leute aus zwölf Ländern wurden schließlich für den Workshop zum Thema „Migration und die Medien“ ausgewählt. In ihren Bewerbungstexten sollten sich die Teilnehmer mit dem Thema „Missglückte Integration – gelungene Integration“ auseinander setzen.
Liest man die Texte, ist man erstaunt, wie sich die Bilder und Geschichten gleichen. Egal, ob Rumänien, Griechenland oder Großbritannien – Themen wie Migration und Integration scheinen in der Bevölkerung und in den Medien in fast allen Ländern Europas überwiegend negativ behandelt zu werden und sind eher dazu geeignet, soziale Konflikte zu verschärfen. „In den Boulevardmedien Österreichs werden Menschen mit Migrationshintergrund meist nur in negativen Kontexten genannt“, erzählt zum Beispiel der 25-jährige Felix Gaedtke aus Wien. „So genannte ’Kriminelle Ostbanden‘ fallen über Wien her, so wird in einer der sichersten Großstädte der Welt bewusst Stimmung gemacht, gegen Fremde. Die rechtspopulistischen Parteien tun ihr weiteres, um eine Stimmung zu schaffen, in der den Menschen bewusst gemacht wird, ob sie einen österreichischen Pass haben oder nicht und welche Konsequenzen das hat.“
Über solche Meinungen wird auch in Potsdam geredet werden. Während des Seminars erstellen die Teilnehmer verschiedene Beiträge wie Videos oder Blogs, die am 6. September ins Internet gestellt werden.
Kontroverse Beiträge sind dabei zu erwarten. So vertritt die 21-jährige türkischstämmige Kübra Yücel aus Hamburg den Standpunkt, dass Integration verboten werden sollte. „Sie ist ein künstlich erschaffenes Phänomen, das homogenisiert und in gesellschaftlichem Stillstand mündet.“ Denn: „Integration bedeutet – radikal gesagt – Homogenisierung. Um sich zu integrieren, muss man Teile seiner Persönlichkeit und seines Ichs aufgeben. Sich einpassen, sich verlieren.“ Sie selbst, schreibt sie, habe sich nie integriert. „Andere wie Charlotte Roche oder Wladimir Kaminer haben sich auch nie integriert. Sie haben partizipiert, die Gesellschaft durch ihre Vielfalt bereichert.“ S. Sasse
Die Autorin koordiniert die Pressearbeit für die internationale Medienkonferenz M100 Sanssouci Colloquium, die am 14. und 15. September 2009 führende Medien- und Meinungsmacher nach Potsdam einlädt. Der M100 Jugend Medien Workshop ist Teil davon - im Internet unter: www.m100potsdam.org.
S. SasseD
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