Von Guido Berg Von Henri Kramer: Ist der Entwurf für die neue Bibliotheksfassade überzeugend? Contra PRO
Am Tage ein einladend heller Wissensspeicher, in der Nacht ein leuchtendes Bücherregal: Nach jahrelangen Diskussionen liegt für die Stadt- und Landesbibliothek endlich ein optisch überzeugender Fassadenentwurf vor. Die Pläne von Reiner Becker für den derzeit maroden Bücherklotz sind aus mehreren Gründen ein Gewinn für die Stadt.
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Am Tage ein einladend heller Wissensspeicher, in der Nacht ein leuchtendes Bücherregal: Nach jahrelangen Diskussionen liegt für die Stadt- und Landesbibliothek endlich ein optisch überzeugender Fassadenentwurf vor. Die Pläne von Reiner Becker für den derzeit maroden Bücherklotz sind aus mehreren Gründen ein Gewinn für die Stadt. Zunächst gefällt die Farbenfreude, die mit den vielen bunten Fenstern vermittelt wird. Das Zeichen gerade für junge Menschen ist klar: Hier macht Lesen und Lernen viel Spaß. Die bisher bekannten Pläne für einen Lichthof im Inneren des Hauses werden so wirkungsvoll ergänzt – dieses Haus atmet Transparenz.
Doch nicht nur für sich ist der Entwurf ästhetisch – er passt auch in die Stadt. Denn trotz aller Unkenrufe von Menschen, die sich in der Innenstadt ausschließlich altertümliche Puppenstuben-Architektur vorzustellen vermögen, ist so ein modernes Haus ein wohltuender Kontrast zu den vielen geplanten Leitbauten in barocker Anmutung. Eine langweilige, nur historisierende Stadtmitte wird vermieden. Gerade das Terrain rund um die Schlüsselkreuzung Yorck-/ Friedrich- Ebert-Straße dürfte künftig einen abwechslungsreichen Blick bieten: Im Westen das neue Haus des Reisens mit seiner futuristisch geätzten Unger-Fassade. Im Norden ein Rasen und mit der Wilhelm-Galerie ein unscheinbarer Bau aus der verschlafenen Potsdamer Nachwende-Zeit. Im Süden der neue Landtag in Schlossform und andere historisch anmutende Bauten – eine Verbeugung vor den großen Potsdamer Bauherren. Und schließlich, gerade im Osten, die sanierte Bibliothek aus DDR-Zeiten. Die Botschaft: Potsdam bekennt sich zu den Brüchen in seiner Geschichte und wirkt gerade dadurch spannend und lebendig.
Und nicht zuletzt überzeugt – man muss dies in Zeiten extrem klammer Haushaltskassen betonen – der Entwurf auch wegen seiner Kosten, die damit im vorgegeben Rahmen bleiben. Die Gegner der geplanten Fassade, die am liebsten die Bibliothek ganz teuer ganz neu aufbauen würden, müssen sich fragen lassen, mit welchem Geld sie dies tun wollen. Getrost lässt sich diese Einstellung – wenn es um Potsdams Mitte geht, ist sie weit verbreitet – als Bau-„Sozialismus“ bezeichnen. Als ob sich in ausgerechnet in Potsdam das Geld allein drucken ließe. Henri Kramer
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