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Landeshauptstadt: Ist die Leiche unter dem Nussbaum? Alexandrowka: Polizei findet nur Pferdeknochen
Nauener Vorstadt - Der Zeitungsbericht sorgte für Aufsehen. Eine Leiche, 1945 vergraben im Garten der Alexandrowka Nr.
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Nauener Vorstadt - Der Zeitungsbericht sorgte für Aufsehen. Eine Leiche, 1945 vergraben im Garten der Alexandrowka Nr. 3, das interessiert die Leute, und Frank Duif hat Verständnis dafür. Als beim „Tag der offenen Höfe“ weniger die Schönheit seines russischen Holzhauses, aber umso mehr „er“ das höchste Interesse der Besucher hervorrief, war es aber selbst für den humorvollen 70-Jährigen fast schon zu viel. Jeder fragte unumwunden: „Wo liegt er denn?“ Freilich hätte es sich auch um eine „sie“ handeln können.
Nun ist der Spuk vorbei. Ende Juli kam die Polizei mit großem Aufgebot vor Duifs Haus vorgefahren – Mordkommission, Kriminaltechnik, Gerichtsmedizin, Kriegsgräberfürsorge. „Neun Personen, das war eine lustige Veranstaltung“, berichtet Duif. Der Polizeioberkommissar habe einen Westernhut getragen und wie Jan Josef Liefers alias Professor Boerne in der TV-Reihe „Tatort“ ausgesehen. Sie hätten genau an der Stelle gegraben, wo Duif die Leiche vermutete, fünf Löcher, vielleicht 50 mal 50 Zentimeter. Doch außer Pferdeknochen, wie die Gerichtsmediziner vor Ort diagnostizierten, kam an der ominösen Stelle unter dem Klarapfelbaum nichts zum Vorschein. Staatsanwalt Helmut Lange bestätigte den PNN, es seien lediglich „Knochen tierischen Ursprungs“ gefunden worden. „Gegen Mittag haben sie die Aktion abgebrochen“, erzählt Duif. Nur der Mann von der Kriegsgräberfürsorge „hätte am liebsten noch den ganzen Garten umgegraben“.
Der 82-jährige Ernst-Friedrich Gluschke, der alles ins Rollen brachte, ist nun verunsichert. Die Alexandrowka Nr.3 war mal sein Elternhaus. Im Mai 1945 hatte es der sowjetische Geheimdienst konfisziert. Als Gluschke und seine Mutter das Haus zurückerhielten, entdeckten sie im Garten einen Grabhügel. In Nacht-und-Nebel-Aktionen grub er zuerst mit einem Freund und später mit seinem Vater nach – und entdeckten eine Leiche (PNN berichteten). Jahrzehntelang schwieg Gluschke, erst jetzt berichtete er von dem grausigen Fund, im Zuge der Debatte um mögliche vergrabene Opfer des sowjetischen Geheimdienstes am Ex-Gefängnis Leistikowstraße. Pferde, sagt Gluschke, habe es damals viele gegeben. Doch er könne sich genau erinnern, dass die Knochen von Stoffen umhüllt waren. Pferde aber tragen keine Kleidung.
Zudem, sagt Gluschke, befand sich das Grab unter einem Nussbaum, nicht unter einem Apfelbaum. „Ich verbürge mich für einen Nussbaum.“ Tatsächlich, berichtet Duif, habe ein Gerät, ein Erdsonar, an einer Stelle unter einem Nussbaum „gepiept“. Aber gesucht haben sie dort nicht und wenn es nach Duif geht, soll das auch so bleiben: „Möge er ruhen.“ Gegraben werde in seinem Garten nicht mehr. Duif: „Nur über meine Leiche.“ Guido Berg
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