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Homepage: Jagdtreffen im Hinterzimmer Spekulationen über DDR-Geschichte der Uni

„Treffen der Ehemaligen der Universität Potsdam“ – der goldene Wegweiser in den „Salon Hubertus“ im Schlosshotel Cecilienhof war vage, aber dennoch irgendwie zutreffend. Denn in dem Hinterzimmer der Luxusklasse trafen sich am Freitagabend tatsächlich vorwiegend Ehemalige der Potsdamer Uni.

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„Treffen der Ehemaligen der Universität Potsdam“ – der goldene Wegweiser in den „Salon Hubertus“ im Schlosshotel Cecilienhof war vage, aber dennoch irgendwie zutreffend. Denn in dem Hinterzimmer der Luxusklasse trafen sich am Freitagabend tatsächlich vorwiegend Ehemalige der Potsdamer Uni. Zwar hatte der 1995 als Uni-Dezernent geschasste Frank-Rüdiger Halt unter dem Titel „No go area-Brandenburg oder hartnäckige DDR-Prägung“ eigentlich zu einer Tagung zur schlecht verarbeiteten DDR-Geschichte geladen. Doch eigentlich ging es nur um die Universität – und um Frank-Rüdiger Halt selbst.

Zwölf Stühle standen um den Tisch, zwölf Gäste waren gekommen, inklusive der Berichterstatter zweier Tageszeitungen. Zum Bedauern des Veranstalters waren keine Studenten unter den Teilnehmern. Wegen der schlechten Organisation der Tagung mutmaßten die einen. Aus Furcht vor Repressionen an der Universität vermutete Frank-Rüdiger Halt. Möglicherweise habe so mancher Student Angst davor, seinen Namen am nächsten Tag in der Zeitung zu lesen. Den lokalen Medien stand man im Schlosshotel ohnehin skeptisch gegenüber: „Alles noch rot“ so der Befund.

Also begrüßte der ehemalige Sportwissenschaftler Ulrich Baumann nur „Gesinnungsgenossen“. Es wehte der Geist eines Veteranentreffens durch die Nobelherberge, man kokettierte mit der Bezeichnung „Kopfjäger“, die Uni-Rektor Wolfgang Loschelder damals für die Gruppe prägte – und gedachte eines Pyrrhussiegs. Denn, so Baumann, nach der Wende sei die Aufarbeitung der Vergangenheit an der ehemaligen Pädagogischen Hochschule „Karl Liebknecht“ verschleppt worden, noch heute hätten viele ehemalige Funktionäre Schlüsselpositionen inne. Deswegen habe sich 1993 unter Leitung von Frank-Rüdiger Halt die Interessengruppe „Initiative Hochschulerneuerung von innen“ gegründet, um der „Fortsetzung der Kaderpolitik unter neuen Vorzeichen“ entgegen zu treten und so manchen Stasi-Spitzel an der Hochschule zu enttarnen.

Halt selbst, heute Lehrer an einer Privatschule, berichtete wie er aufgedeckt habe, dass die Tochter eines Bundespräsidenten in Babelsberg mit Hilfe eines Stasispitzels promovierte, wie Anfang der 90er Jahre Kritiker aus der Uni geflogen seien, weil sie Nachfragen bei der Gauck-Behörde stellten. Und wie der Uni-Rektor statt die Vergangenheit zu bewältigen lediglich seine eigene Karriere im Sinn gehabt habe. Dann legte er seine Liste vor, auf der namentlich dutzende, noch heute tätige, Uni-Mitarbeiter verzeichnet sind. Mit Decknamen, Tätigkeitszeitraum und Archivnummer. Die Liste beeindruckt: Aus nahezu allen Fachbereichen tauchen hier Dozenten auf.

„Eine Geschichte aus grauer Vorzeit“ nennt jedoch Rektor Loschelder auf Nachfrage der PNN Halts „Forschungsergebnisse“. Halt sei bis 1995 Dezernatsleiter in der Uni gewesen, dann habe sich die Uni von ihm „aufgrund von Unstimmigkeiten“ getrennt. Loschelder verweist darauf, dass sämtliche Uni-Mitarbeiter, ost- wie westdeutsche, damals auf eine mögliche Tätigkeit für die Stasi überprüft worden seien. Der Rektor räumt zwar ein, dass in manchen Fällen möglicherweise zu milde verfahren worden sei, Halts Liste hält er jedoch nicht für neu und zweifelt darüber hinaus ihre Seriosität an.

Manfred Görtemaker, Professor für Geschichte an der Potsdamer Uni, und in Abwesenheit bei der Tagung immer wieder hart angegangen, möchte es sich nicht ganz so leicht machen. Der Historiker hatte maßgeblich an der Aufarbeitung der Vergangenheit mitgearbeitet und erinnert sich im Gespräch mit den PNN an so manchen leeren Aktendeckel und andere Merkwürdigkeiten. Frank-Rüdiger Halts „persönlichen Rachfeldzug“ gegen die Uni möchte er dennoch nicht unterstützen, mahnt die Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze und erinnert lieber an die gelungene Integration ehemaliger PH-Angestellter.

Für Unruhe könnte Halts Liste allerdings sorgen, sollte sie tatsächlich veröffentlicht werden. Frank-Rüdiger Halt möchte sie im „Deutschland-Archiv“ abgedruckt sehen. Einige der Gäste winkten ab und empfahlen ihm an dem Abend wärmstens die „Junge Freiheit“ als geeignetes Medium. Die rechtskonservative Wochenzeitung stand Jahre lang unter geheimdienstlicher Beobachtung – und zwar des bundesdeutschen Verfassungsschutzes.

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