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Abschied von Potsdams Sozialbeigeordneter: Jakobs: „Elona, was soll ich bloß ohne dich machen?“

Beim Abschied für Potsdams Sozialdezernentin Elona Müller-Preinesberger gab es Lob von allen Seiten. Kritische Stimmen waren die Ausnahme.

Von Peer Straube

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Potsdam - Applaus, immer wieder Applaus, laut und herzlich. Kein Zweifel, diese Frau ist beliebt, nicht nur bei ihren Mitarbeitern. Vertreter der Stadtfraktionen, der kommunalen Unternehmen, der Rathausspitze – fast alle haben nur Lob übrig für Elona Müller-Preinesberger. Am vergangenen Freitag wurde die parteilose Beigeordnete für Jugend, Soziales, Gesundheit und Ordnung offiziell im Plenarsaal des Rathauses verabschiedet – mit Sekt, Häppchen und Geschenken, mit Blumen – und sogar einen Film haben die Rathausmitarbeiter für sie gedreht. 150 Gäste waren gekommen, um ihr alles Gute zu wünschen.

13 Jahre hat Müller-Preinesberger den mit Abstand größten Geschäftsbereich gelenkt. Während vor allem das Bauressort von einer Krise in die nächste schlitterte, das Bildungsdezernat ebenso regelmäßig für Negativschlagzeilen sorgte, galt das Sozialressort auch in der Außenwirkung immer als überwiegend gut aufgestellt. Für Jann Jakobs, dessen Job Müller-Preinesberger 2003 übernahm, als der Sozialdemokrat zum Oberbürgermeister gewählt wurde, fällt nun in der Chefetage des Rathauses eine der wichtigsten Stützen weg. „Elona, was soll ich bloß ohne dich machen“, sagt Jakobs im Abschiedsfilm in die Kamera und klingt dabei keineswegs so, als sei das nur ironisch gemeint.

Als Müller-Preinesberger noch die Chefin von Jann Jakobs war

Mit ihr verliere die Stadt eine „ganz versierte Fachfrau“, die „immer auf der Höhe der Zeit“ gewesen sei und deren Herzlichkeit auf alle gewirkt habe, die mit ihr zu tun hatten, sagte der Rathauschef den PNN. Die beiden kennen sich schon lange. Zu Beginn der 1970er-Jahre, beschrieb es Jakobs in seiner Rede, seien die Rollen noch anders verteilt gewesen. Er selbst habe in Berlin-Spandau als Sozialarbeiter die Hilfsbedürftigkeit von Sozialfällen geprüft. Damals sei Müller-Preinesberger seine Vorgesetzte gewesen. In Spandau kreuzten sich beider Wege immer wieder, bevor Jakobs 1993 nach Potsdam ging. Zehn Jahre später bewarb sich Müller-Preinesberger ebenfalls in Brandenburgs Landeshauptstadt – aus eigenem Antrieb, wie der Oberbürgermeister betonte. Er erinnerte an den Beginn ihrer Amtszeit, der von der Umsetzung der Arbeitsmarktreformen der Regierung von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) geprägt war und an den Aufbau der Gesellschaft Paga (heute Jobcenter), die sich um die Hartz-IV-Betroffenen kümmern sollte.

Jakobs lobte vor allem ihre „Klarheit und Verbindlichkeit“, die zur „Bewältigung großer Krisen“ nötig sei. Gemünzt war das auf die Koordinierung der Unterbringung der Tausende von Flüchtlingen im vergangenen Jahr. Auf 28 Bürgerveranstaltungen hatte sich die Dezernentin den Fragen der Bürger gestellt, ihren Sorgen, auch manchen Anfeindungen. Diese Aufgabe gemeistert zu haben, darin sehen auch die meisten Stadtpolitiker eines ihrer größten Verdienste. Mit „großer Weitsicht“ habe sie da agiert, sagte etwa CDU-Fraktionschef Matthias Finken.

Müller-Preinesberger habe viel für Potsdam und die soziale Gerechtigkeit getan

Selbst die Linken, die 2011 die Wiederwahl Müller-Preinesbergers sogar boykottiert hatten, schlugen am Ende versöhnliche Töne an. „In der Sache“ habe man zwar viel gestritten, sagte Linken-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg mit Blick auf die Konfliktthemen wie der jahrelange Streit um ein neues Tierheim oder die Debatten um die Straßenreinigungssatzung. Dennoch sei die scheidende Beigeordnete eine „kluge, energische Frau“, die viel für die Stadt und die soziale Gerechtigkeit in Potsdam getan habe. Mit ihr verliere die Stadt eine „außergewöhnliche Beigeordnete“, erklärte auch SPD-Vizefraktionschef Pete Heuer.

Das größte Kompliment aber kam von Bürgerbündnis-Fraktionschef Wolfhard Kirsch: Müller-Preinesberger sei ein „Juwel für die Stadt“ gewesen, das seinen Geschäftsbereich mit „sehr viel Umsicht und Fingerspitzengefühl“ gelenkt habe. Pro-Potsdam-Geschäftsführer Bert Nicke würdigte ihre Verdienste um die Wohnungspolitik. Gemeinsam mit der städtischen Wohnungsgesellschaft habe Müller-Preinesberger Ideen entwickelt, wie man preisgünstigen Wohnraum in Potsdam langfristig sichern könne.

"Offene Fragen" in der Stadtwerke-Affäre

Trotz der Baustellen in ihrem Geschäftsbereich, darunter Tierheim, Probleme bei Straßenreinigungs- und Abfallgebühren, Mangel an Kitaplätzen – kritische Worte gab es am Freitag kaum. Lediglich Peter Schüler verwies auf „offene Fragen“ in der Stadtwerke-Affäre. Für ihn bleibe unklar, wie viel Verantwortung Müller-Preinesberger dabei trage. Dies bleibe der „dunkelste Fleck“ in ihrer sonst guten Bilanz, so Schüler.

Müller-Preinesbergers Nachfolger, Noch-SPD-Fraktionschef Mike Schubert, sagte, er übernehme einen „gut bestellten Laden“. Er wolle versuchen, die 850 Mitarbeiter des Geschäftsbereichs ebenso gut zu motivieren wie seine Vorgängerin. Leicht dürfte das nicht werden. Mehr als drei Viertel der Angestellten, so schätzt ein Insider, stünden hinter ihrer Dezernentin.

Müller-Preinesberger wünscht Schubert viel Kraft

Dass auch für Müller-Preinesberger, wie im Rathaus kolportiert wird, Schubert nicht unbedingt der Wunschkandidat Nummer eins gewesen ist, ließ sie durch die Blume anklingen. Sie wünsche ihm ganz viel Kraft und Ausdauer, aber „auch die nötige Weitsicht, sich auch um die kleinen Dinge zu kümmern, die in dieser Stadt wichtig sind“, sagte sie in ihrer Abschiedsrede. Der Abschied falle ihr schwer, weil sie noch immer für die sozialen Belange, für die benachteiligten Menschen in dieser Stadt „brenne“. In diesem Zusammenhang warb sie auch für mehr Bürgerbeteiligung, „weil sich das am Ende auszahlt“.

Ab 1. September ist die 62-Jährige offiziell im Ruhestand. Dann will sie sich verstärkt ihrer Familie widmen, ihrem Mann. Eine Reise in die Mongolei steht als Erstes auf dem Programm, mit einem umgebauten Jeep quer durch Asien. 

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