Landeshauptstadt: Jakobs sieht Stadt-Unternehmen in der Pflicht
Der Klimaschutzbericht: Minikraftwerke, Photovoltaikanlagen überall und Science Center empfohlen
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Die Zukunft Potsdams könnte grün sein. Weniger Autoverkehr, attraktiverer öffentlicher Nahverkehr, höhere ökologische Standards und Ansprüche sowie bewussteres Verbraucherverhalten sind die Kernkomponenten des Klimaschutzberichts für die Landeshauptstadt Potsdam. Das Ergebnis des von der Stadt in Auftrag gegebenen Werkes ist gestern offiziell vorgestellt worden. Die 20 veröffentlichten Seiten lesen sich weder utopisch noch unerreichbar. „Ich bin froh, dass die Arbeitsgemeinschaft in so kurzer Zeit so produktiv war und ein realistisches Konzept vorlegen konnte“, sagte Fritz Reusswig vom Potsdam- Institut für Klimafolgenforschung. Um dem Klimaschutz ein städtebauliches Zeichen zu geben, wird im Gutachten „die Prüfung der Machbarkeit eines avancierten Potsdam Science Centers“ vorgeschlagen.
Reusswig und das Team aus etwa 20 Mitarbeitern von zehn Unternehmen und Instituten können sich sogar eine Modellstadt Potsdam vorstellen, wenn die von ihnen vorgeschlagenen Punkte realisiert werden. Denn Potsdam hat sich selbst zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 etwa 20 Prozent weniger Kohlendioxid-Ausstoß zu haben als im Jahr 2005. Dass dies nicht unrealistisch ist, erklärte auch Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD). Er sieht nun die städtischen Unternehmen ebenfalls in der Pflicht, sich daran zu orientieren. Gerade für den lokalen Energieversorger, die Energie und Wasser Potsdam GmbH, ein mehrheitlich städtisches Unternehmen, haben Reusswig und sein Team zahlreiche Vorschläge. „Der Energieversorgung kommt eine Schlüsselrolle in kommunalen Klimaschutzkonzepten zu“, heißt es im Gutachten. Die drei Kernpunkte: Bedarfssenkung, Effizienzsteigerung und Energieträgerwechsel seien die Basisstrategien. Konkret schlagen die Forscher vor, das bestehende Fernwärmenetz in zwölf Gebieten auszubauen und zu verdichten, parallel dazu den Anteil erneuerbarer Energien deutlich auszubauen und eine dezentrale Energieversorgungsstruktur aufzubauen. So werden der stadtweite Bau von 100 Mini-Kraftwärmekopplungs-Anlagen vorgeschlagen, zweitens soll Energie durch Wärmepumpen erzeugt werden und „Photovoltaik und Solarthermie soll im gesamten Potsdamer Stadtgebiet zum Einsatz kommen“. Das würde allerdings mit zahlreichen Denkmalbereichssatzungen, die solche Anlagen auf Dächern ausschließen, kollidieren. Dem Energieunternehmen werden der Bau von Wärmespeichern, der Einstieg in die Windstromerzeugung sowie der Einsatz von Klärgas und Bio-Methan empfohlen. Die Stadtwerke, die die Studie bislang nicht kennen, verweisen auf ihre Aktivitäten in diesem Bereich. Bereits jetzt wird das Deponiegas der Müllanlage in der Fresdorfer Heide für die Energieerzeugung verwendet, ab Ende 2010 wird das Klärgas in der Kläranlage Potsdam-Nord auch zur Stromerzeugung genutzt, auf dem Dach des Betriebshofes des Verkehrsunternehmens ist in der vergangenen Woche die größte Photovoltaikanlage in Potsdam eröffnet wurden und eine thermische Verwertungsanlage für Holzschnitt aus Potsdam und Umgebung sei in Planung. Zudem würden Untersuchungen zur Wärmespeicherung laufen.
Im Klimaschutzbericht stehen auch Vorschläge, das Image der Stadtwerke zu verbessern. Ein Eigenprodukt „Grüner Strom aus Potsdam“ könnte attraktiver beworben werden als eingekaufter Strom aus Wasserkraft, argumentieren Reusswig und Kollegen. Auch eher symbolische Aktionen wie eine „Grüne Schlössernacht“ oder ein solares Tanzboot auf der Havel „könnten zum positiven Image des Klimaschutzes in Potsdam beitragen“.
Aber auch die Potsdamer selbst sollten zu einem anderen Verhalten animiert werden. Stärkere Parkraumbewirtschaftung, bessere und schnellere ÖPNV-Angebote, die Stärkung des konventionellen Car- Sharings und eine stärkere Förderung des Rad- und Fußverkehrs sollen die Potsdamer zum Umsteigen auf Fahrrad, Bus und Bahn bewegen. Jan Brunzlow
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