zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Jakobs wirft Nachbargemeinden Egoismus vor

Potsdams Oberbürgermeister: Pförtnerampeln sind Konsequenz aus der verhinderten Havelspange

Stand:

Neue Umgehungsstraßen oder rote Ampeln – diese Alternative hat Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) in seiner neuen Wochenkolumne aufgemacht. In seinem Beitrag verteidigt er die seit Monaten umstrittenen Pförtnerampeln gegen Kritik aus den Umlandgemeinden: Die Feinstaub- und Stickoxidbelastung in Potsdam sei gesunken, die Fahrzeit durch die Innenstadt habe sich verkürzt. Im Landkreis Potsdam-Mittelmark sorgten Jakobs Ausführungen am Montag für Unverständnis.

Denn Jakobs erklärte in der unter www.potsdam.de erschienenen Kolumne, er finde es „befremdlich, wenn ausgerechnet die Nachbargemeinden, die jahrelang eine Netzverknüpfung zur Umfahrung Potsdams oder eine Havelspange zur Umfahrung der Innenstadt verhindert haben, sich nun am lautesten über die Konsequenzen beschweren“. „Der Egoismus, der uns jetzt vorgeworfen wird, den tragen die Protestler auch vor sich her.“ Auch er wolle schnell von A nach B, um mehr Zeit für die Familie oder anderes zu haben, so Jakobs. „Deshalb haben wir uns schon vor Jahren für eine Netzverknüpfung ausgesprochen, die Werder ( Havel), Geltow und Potsdam entlastet hätte.“

Seit Jahren habe sich die Stadt zudem für eine Havelspange entlang der Bahn über den Templiner See starkgemacht, „das Land wollte verständlicherweise vor einer Förderung erst eine Einigung zwischen den Kommunen, doch Schwielowsee war und ist dagegen“. Auch der Einsatz für eine Innerstädtische Entlastungsstraße (ISES) an der Bahn zwischen Hauptbahnhof und Potsdam-West sei erfolglos geblieben. Jakobs: „Keiner der Bauten war gewollt.“ Die Lösung des zu erwartenden Potsdamer Verkehrsinfarktes sei nicht allein Potsdams Problem: „Da sind alle gefragt“, so der Bürgermeister. „Mit Innovation, nicht Nein-Sagen.“

Zur Erinnerung: Vor sechs Jahren hatten Vertreter der Stadt, der Umlandgemeinden und sechs Bürgerinitiativen in einer interkommunalen Arbeitsgruppe die Argumente zum Thema Havelspange über den Templiner See ausgetauscht – dem Überbleibsel der großen Potsdamer Netzverknüpfung, die an einem gewaltigen Proteststurm gescheitert war. Potsdams Rathaus blieb damals den Nachweis schuldig, dass das Fragment den Cityverkehr entlastet. Allenfalls wenn auch die in Potsdam umstrittene ISES gebaut werden würde, gäbe es Effekte, hieß es damals. Voraussetzung wäre außerdem, dass Forststraße und Amundsenstraße auf Bundesstraßenstandard ausgebaut werden müssten. Solche Pläne hatten zuvor die Unesco-Welterbekommission auf den Plan gerufen. Das ganze Projekt war damit vom Tisch.

Im Umland gab es gestern Kopfschütteln über die OB-Kolumne. Der Vorsitzende der Gemeindevertretung Schwielowsee, Roland Büchner (Bürgerbündnis), sagte: „Ich hoffe, nicht herausgehört zu haben, dass Schwielowsee keinen dritten Havelübergang wollte und deshalb die Pförtnerampel bekommen hat.“ Die Havelspange sei nicht an seiner Gemeinde gescheitert, sondern an den „vielen überparteilichen Argumenten, die dagegensprachen“. „Wenn die Pförtnerampel die späte Rache sein soll, kann ich das nicht nachvollziehen.“ Über die Potsdamer Verkehrsprobleme sollte man gemeinsam und auf Augenhöhe reden, statt sie auf die Nachbarn abzuwälzen, so Büchner.

Auch der Michendorfer Andree Halpap, der als einer der Umlandvertreter in der Arbeitsgemeinschaft saß, forderte Gespräche zwischen Stadt und Landkreis. „Die Ampeln auf Rot zu schalten ist nicht die Lösung. Man muss an einem Strang ziehen und die Leute dazu bewegen, weniger Schadstoffe zu produzieren.“ Schlechte Busanbindungen und die Streichung von Zuglinien im Umland seien da nicht zielführend, auch keine gegenseitigen Schuldzuweisungen. „Wir leben alle voneinander.“

Jakobs’ Argumentation, dass man die Pförtnerampeln hätte vermeiden können, wenn nur die Umlandgemeinden der Havelspange über den Templiner See zugestimmt hätten, nannte Halpap abwegig: „Diese Schnellstraße quer über den Templiner See hätte nur dem Durchgangsverkehr genutzt und zusätzlichen Verkehr vom Berliner Ring nach Potsdam und in sein Umland geholt.“ Statt sich gegenseitig die Schuld an Verkehrsbehinderung oder Verkehrsbelastung zuzuschieben, müssten „wirklich innovative Ideen“ auf den Tisch, forderte Halpap. Er sprach sich gestern für ein integriertes Verkehrskonzept der Landeshauptstadt mit den Umlandgemeinden aus. „Potsdams Probleme sind lösbar, wenn man gemeinsam über die Lösungswege nachdenkt.“

Schließlich schien man auch im Potsdamer Rathaus um Schadensbegrenzung bemüht: Ungeachtet der Kolumne des OBs „werden wir mit den Umlandgemeinden weiter das Gespräch suchen“, versicherte Stadtsprecher Stefan Schulz auf Anfrage. „Für den Verkehr müssen wir eine gemeinsame Lösung finden.“ Auch Schwielowsees Bürgermeisterin Kerstin Hoppe (CDU) will dazu umgehend Jakobs sprechen, wie sie gestern sagte. (mit HK)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })