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Landeshauptstadt: Jazz zwischen H2 O und Himmels-W

Zweihundert Besucher beim nächtlichen Open Air im Babelsberger Park / Abschluss der PNN-Jahresaktion

Stand:

Die Kuschel-Plätze in den Strandkörben an der Babelsberger Freilichtbühne beim „Jazz am Wasser“ am Sonnabend waren als erste besetzt. Doch als die Musiker der Band „Subtone“ mit ihrem ersten Stück die abendliche Stille durchschnitten, war es mit dem Kuscheln vorbei: Akustisch raumgreifend ließ die Musik keine Nebenbeschäftigung zu.

Da stand ein echtes kreuzseitiges Klavier auf der Bühne – ein Instrument vom „Kulturstandort Schiffbauergasse“, erklärt Tonmeister Kai am tausendknöpfigen Waschhaus-Regler. Vor dem Instrument hockt etwas gebückt der Pianist Florian Höfner und entlockt dem Piano virtuose Klänge: einmal perlend wie Wassertropfen und dann, unterstützt durch den Bass, hart wie Betonkugeln.

„Subtone“ kommt klanglich gut rüber und ist auch aus großer Entfernung vernehmbar, dafür sorgt der bärtige Kai am Regler. Er scheint sich ähnlich konzentrieren zu müssen wie der Pianist. Die ersten Stuhlreihen, für 30 angemeldete PNN-Leser reserviert, waren wegen der Lautstärke nicht gerade die besten.

Als der Pianist vom Klavier zum Akkordeon wechselte, erfüllten im Zusammenspiel mit Saxophonist Malte Dürrschnabel und Trompeter Magnus Schriefl elegische Akkorde den Babelsberger Park. Die Blicke so manchen Zuhörers wandern hinauf zum wolkenlosen Nachthimmel und erblicken das Sternbild des Großen Himmels-W. Oder sie schweifen über das Wasser hinüber zur Kulisse der Schiffbauergasse mit den rot beleuchteten Dachschalen des Theaters. „Ein schöner Ort, eine prima Stimmung“, ist als Meinung unter den zirka 200 Gästen zu hören. Rot angeleuchtete Ahornbäume, Eichen, Linden und Kastanien sowie große Wachslichter und Fackeln vervollkommnen das stimmungsvolle Bild. Von einem „sinnlichen Abenderlebnis“ ist vorausschauend in einer Mitteilung der Energie und Wasser GmbH (EWP), welche das Open Air Konzert „Wassertöne“ im Babelsberger Stadtbad organisiert und gesponsert hat, die Rede.

„Lufttemperatur 14 Grad Celsius, Wasser 16 Grad“ hat der Bademeister auf der Anzeigentafel vermerkt. Das war am Nachmittag. Als „Subtone“ gegen 20 Uhr mit dem Konzert begann, war die Luft schon merklich abgekühlt. Mehr oder weniger zähneklappernd harrten die meisten Besucher bis zum Ende gegen 22 Uhr aus. Die fünf Subtone-Musiker, neben den Genannten noch Peter Gall am Schlagzeug und Benjamin Hiesinger am Kontrabass, ließen sich von der Kühle nicht beeindrucken, lieferten nach dem herzlichen Beifall am Ende sogar noch eine feurige New-York-Komposition des Schlagzeugers als Zugabe hinterher.

Alle Stücke der fünf jungen Musiker sind jazzig variierte Eigenkompositionen und -schöpfungen; die Noten flattern immer mal zwischen den Improvisationen umher. Der Ansage nach kommen die Jazzer aus Berlin, wenngleich sie alle aus Süddeutschland stammen. Es sind Musik-Studenten, die eigentlich schon Meister mit einem reifen individuellen Stil sind, konzerterfahren und anerkannt in der Szene. Zum Schluss verbeugen sich die Musiker-Freunde an den Schultern umfasst und bilden so eine Einheit wie auch das Zusammenspiel der fünf Solisten wie aus einem Guss klingt.

Wer warm eingewattet den kühlen Abend bis zum Schluss überstanden hat, begibt sich zufrieden auf den Heimweg, viele mit der Subtone-CD „High Tide“ für 15 Euro in der Tasche. Zurück geht es zuerst durch den dunklen Park und dann über erleuchtete Wege nach Babelsberg oder ins Potsdamer Zentrum. Am Schönsten und am Kürzesten ist es dorthin zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Die Partie über die Humboldtbrücke mit Blick zum Flatowturm und zu den Theatermuscheln auf der einen und zum Heiliggeist-Gerippe auf der anderen Seite gehört zum Eindrucksvollsten, was die Stadt am Wasser zu bieten hat. Auf dem Tiefen See leuchten in der Ferne die grünen und roten Positionslichter des Wassertaxis, das sich vom Babelsberger Park zur Schiffbauergasse bewegt. Es sollte die letzten Besucher übersetzen, aber diese haben den Landweg gewählt und das Aqua-Taxi geht leer aus .

Günter Schenke

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