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Landeshauptstadt: Jeden Balken, jeden Ziegel gerettet Zwei Weberhäuser im Restaurierungszustand

am „Tag des offenen Denkmals“ zu besichtigen

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am „Tag des offenen Denkmals“ zu besichtigen Von Günter Schenke Babelsberg – Wenn Bauherr Udo Hasenbein neugierige Besucher in sein Haus in der Benzstraße 17 führt, sind Ausrufe der Überraschung nicht selten. Schwere Fachwerkbalken dominieren das Innere. Ein Hauch von Vergangenheit durchweht die Räume des über zweihundert Jahre alten Weberhauses. Und zu diesem Bild trägt das alte Kiefernholz ganz wesentlich bei. „Wir haben versucht, jeden alten Balken wieder zu verwenden und wenn es gar nicht mehr ging, haben wir historische Balken aus anderen Häusern geborgen und hier eingesetzt.“ Zwanzig Jahre lang war das Haus unbewohnt, entsprechend desolat war die bauliche Substanz. Besondere Schwierigkeit: die Erneuerung des Fundamentes. Nur auf Fels- und Kalksteinen ruhten die Mauern; Meter für Meter sind die alten Fundamentteile entfernt und durch neu gegossene aus Beton ersetzt worden. Die Lage an der viel befahrenen Benzstraße sieht Hasenbein nicht als Nachteil. „Es ist idyllisch hier“, sagt er und zeigt den kleinen Garten am Haus, dessen Südseite scheinbar fernab von der Straße eine hohe Aufenthaltsqualität hat. Die Qualität der Restaurierung, die auch Sabine Ambrosius vom städtischen Fachbereich Stadterneuerung und Denkmalpflege bescheinigt, lässt auf einen fachlich versierten Bauherren schließen. „Ich wusste gar nichts“, sagt hingegen Hasenbein. Der 30-jährige Dachdeckermeister, der das Gebäude über einen Makler erworben hatte, musste sich nach eigenem Bekunden erst bei der Stadtkontor GmbH und der Denkmalpflege schlau machen, ehe er zu bauen anfangen konnte. Und so gelang es, das im Jahre 1751 erbaute Kolonistenhaus – streng genommen ist es ein halbes, denn nur die Osthälfte ist erhalten geblieben – weitgehend historisch getreu wieder herzustellen. Die originalen Fenster zum Beispiel ließ der Bauherr aufarbeiten und zu Kastenfenstern umbauen. In allen Details hatte die Denkmalpflege ein Wörtchen mitzureden, angefangen vom Putz über die Fenster, die Ziegel und die Fachwerkbalken im Inneren. „Das war für mich eine unschätzbare Hilfe“, berichtet Hasenbein. Zu etwa einem Drittel ist die Benzstraße 17 restauriert. In diesem Zustand können Interessierte das Haus am Tag des offenen Denkmals am 12. September besichtigen. 100000 Euro hat Hasenbein, der in Stahnsdorf eine Dachdeckerei hat, bisher in das Denkmal gesteckt. Fördermittel kann er nicht in Anspruch nehmen, weil sich das Gebäude außerhalb des Sanierungsgebietes befindet. Wie Sabine Ambrosius erläutert, sind die Baukosten eines Einzeldenkmals im Verlaufe von zwölf Jahren steuerlich abschreibbar – für jemanden, der etwas abzuschreiben hat, ein immenser finanzieller Vorteil. „Ich bin regelrecht verliebt in das Weberhaus“, gesteht Udo Hasenbein, der aber am Ende nicht selbst darin wohnen wird. Das Gebäude ist für seine Schwester und deren Familie reserviert. Ebenfalls öffentlich zugänglich am Tag des offenen Denkmals wird das an der Ecke Karl-Gruhl-Straße/Karl-Liebknecht-Straße stehende Kolonistenhaus aus dem Jahre 1752 sein. Mancher mag sich beim Vorbeigehen über den unebenen Verputz der fast weißen Fassade wundern. „Wir haben versucht, die historische Putztechnik anzuwenden“, berichtet der Architekt Christoph Schwan. Die Firma Nehring aus Röbel hat den schwierigen Akt ausgeführt. Das Ergebnis überzeugt. Jeder sieht auf den ersten Blick: Es ist ein sehr altes Haus. „Vom alten Holz war nichts mehr zu retten“, berichtet der Architekt. Auf dem Hof lagern noch einige der ausrangierten Balken, die beim Anfassen in braunen Staub zerbröseln. Der Hausbock hat sie bis auf einen kleinen Kern zerstört. In den Innenräumen ergibt sich daher ein ganz anderes Bild als im Kolonistenhaus in der Benzstraße. Während Letzteres im Wesentlichen aus originalem Fachwerk erbaut ist, verwendetete Schwan neue Kiefernbalken. Ein gewisses historisches Flair entsteht auf diese Weise ebenfalls, zumal die Raumhöhen und -zuschnitte im Wesentlichen beibehalten wurden. Und hinter dem Kalkputz verbirgt sich wahre Historie: „Wir haben nicht einen einzigen neuen Ziegel verwendet“. Doppelfenster oder Verbundglas gibt es nicht. Der Grund: Hinter den Wänden befindet sich eine moderne Heizung, deren Strahlungswärme eine stärkere Wärmedämmung an den Fenstern überflüssig macht. In vielen historischen Bauten ist heutzutage die Wandheizung die Technik der Wahl, weil die Nachteile der Bewegung der erwärmten Luft aus Heizkörpern entfallen. Besonders angetan ist Schwan vom kleinen „Hausmuseum“, das in der ehemaligen Räucherkammer, deren Spuren noch deutlich erkennbar sind, entstehen soll. In diesem kleinen Vestibül will er möglichst wenig verändern und das Verdeckte, zum Beispiel den alten Rauchabzug und die Schablonenmalerei an den Wänden, wieder sichtbar machen. Bis Mitte Oktober ist die Sanierung abgeschlossen. Dann bietet das Haus ein Bild, wie es etwa um 1830 ausgesehen hat.

Günter Schenke

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