zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: „Jetzt ist Matthias Platzeck gefragt“ Wieland Niekisch über Wege aus dem Loch

Herr Niekisch, gibt es noch eine Chance für das Landtagsschloss?Es gibt Möglichkeiten.

Stand:

Herr Niekisch, gibt es noch eine Chance für das Landtagsschloss?

Es gibt Möglichkeiten. Erstens kann sich die Stadtverordnetenversammlung besinnen und doch noch selbst Baurecht schaffen. Zweitens kann der Landtagspräsident eine Bau-Voranfrage stellen und die Stadtverwaltung unbürokratisch durch einfache Genehmigung Baurecht schaffen. Drittens könnte das Land nach Paragraph 37 Baugesetzbuch bauen, dann wäre kein Bebauungsplan nötig. Dies muss in Ruhe geprüft werden.

Wäre es nicht undemokratisch, das Stadtparlament zu umgehen?

Nein, das Stadtparlament hat den Wiederaufbau des Stadtschlosses als Landtagssitz ja ausdrücklich gewollt und vom Land gefordert. Es gibt Beschlüsse, Verträge. Dass der Bebauungsplan jetzt von einer knappen Mehrheit verweigert wurde, ist eine willkürliche Maßnahme. Parlamente können aber nicht zehnmal in eine Richtung entscheiden und plötzlich das Gegenteil beschließen, das ist anfechtbar. Das Projekt hat eine demokratische Legitimation.

Die SPD hat die Verantwortung für das Fiasko der PDS zugeschoben. Trägt sie selbst keine Verantwortung?

Die SPD hat alle Schlüssel- und Machtpositionen für dieses Vorhaben in der Hand: Landtagspräsident, Ministerpräsident, Finanzminister, Oberbürgermeister, Baubeigeordnete. Aber die Sozialdemokraten haben es nicht vermocht, Vertrauen zu schaffen und die Mehrheit der Stadtverordneten zu gewinnen. Selbst ihre eigene Fraktion ist zerstritten. Insofern tragen sie Mitverantwortung für das Fiasko. Die Hauptverantwortung liegt allerdings bei der PDS unter Hans-Jürgen Scharfenberg, der mit seiner Blockade eine altstalinistische Politik betreibt.

Der heutige Ministerpräsident Matthias Platzeck hat sich seit Mitte der neunziger Jahre für das Projekt engagiert. Hätte er seine Autorität stärker in die Waagschale werfen müssen?

Ja. Er ist Ministerpräsident, war vorher Oberbürgermeister und ist gebürtiger Potsdamer. Es geht um die Landeshauptstadt. Er hätte seine Liebe, seine Verantwortung für die Landeshauptstadt vor den Abstimmungen stärker zum Ausdruck bringen können. Und er hätte Finanzminister Rainer Speer, der mit unglücklichen Äußerungen vor beiden gescheiterten Abstimmungen Misstrauen im Stadtparlament gesät hat, das Feld nicht allein überlassen dürfen.

Hat Speer, der ja gegen das Projekt war, sabotiert?

Nein, zu seiner Ehrenrettung muss ich sagen, das Finanzministerium hat bei der Vorbereitung des Projekts exzellente Arbeit geleistet. Aber er war als früherer Bekämpfer und Kritiker des Projektes nicht der Richtige, um Facharbeit und Werbung optimal zu verbinden. Auch bei jedem Wirtschaftsprojekt braucht man beides: Saubere Vorlagen und gute Werbung. Speer ist ein guter Minister, aber für dieses Projekt nicht der richtige Bauherr und Werber.

Ihr Wunsch?

Jetzt ist Matthias Platzeck gefragt. Ihm kann nicht egal sein, was im Herzen seiner Landeshauptstadt passiert. An ihm wird es hängen, er hat die Autorität und den Charme, um doch noch mit uns gemeinsam aus dieser Misere herauszukommen, sonst wäre es auch seine persönliche Niederlage.

Das Gespräch führten Michael Mara und Thorsten Metzner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })