Landeshauptstadt: Jubeln im zwei Jahrzehnte alten T-Shirt
Stadtwerke-Festival beglückte besonders die Rock-Fans mit magischen Konzertmomenten
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Stadtwerke-Festival beglückte besonders die Rock-Fans mit magischen Konzertmomenten Hätte es beim Stadtwerke-Festival am Sonntag einen Preis für Begeisterung gegeben, dann wäre Daniel Kern ein heißer Kandidat für seinen Gewinn gewesen. Nach dem Konzert von „Subway To Sally“ saß der langhaarige Blondschopf erschöpft im Gras des Lustgartens – erst rockte er in der ersten Reihe, dann ließ er sich auf den Armen der Zuschauer durch die Luft nach hinten tragen. „Der Auftritt war genial“, lautete der Kommentar des Berliners nach dem rund einstündigen Gig der Potsdamer Mittelalter-Metal-Band. Auch die Musiker selbst wirkten schon während des Auftritts gerührt ob der Begeisterung des Publikums. „Dankeschön Heimat“, sagte Eric Fish, bevor der Subway-Hit „Kleid aus Rosen“ in einer wunderschönen Akustikversion die Massen rührte. Später ertönten noch Lieder wie „Falscher Heiland“, ehe ein von den Fans begeistert mitgeträllertes „Räuberlied“ die von Feuerspielereien begleitete Show beendete. Rund 10 000 zu diesem Zeitpunkt vor der Bühne stehende Fans jubelten. Insgesamt schätzen die Stadtwerke die Zahl der Besucher auf 75 000. „Doppelt so viele wie 2004, wo es so geregnet hat“, freut sich Stadtwerke-Sprecher Stefan Klotz immer noch. Auch für Marco W. Linke wird das Festival wohl in unvergesslicher Erinnerung bleiben. Unter dem Motto „Tribute to Potsdam“ hatte Linke neben seiner Stammband „Pulse“ etliche Potsdamer Musiker für ein Pink-Floyd-Projekt zusammen getrommelt. Während der Auftritt, laut eigener Meinung, nicht ganz so gelang – „wir hatten einige technische Schwierigkeiten“, sagt Linke – erlebten die Musiker im Backstage-Bereich die Annehmlichkeiten des Showgeschäfts. „Wir waren in einem Wohnwagen direkt neben Jethro Tull untergebracht“, erzählte der Pulse-Gitarrist Linke. „Wir hörten, wie Ian Andersen sich mit der Querflöte einspielte. Unser Kühlschrank war voll und eine Dusche gab es auch – was will man mehr.“ Die Schwierigkeiten mit der Technik sind den meisten Besuchern wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, denn „Tribute to Potsdam“ erspielte sich etliche musikalische Höhepunkte. Herausragend war die rockige Interpretation von „Money“, die zwischendrin sogar in Richtung Reggae abdriftete. Allein optisch wirkte die Formation aus den unterschiedlichsten Bands – Scirocco, Galaxo, Keimzeit und mehr – schon recht interessant: Während die Sängerinnen in Glitzertops schick funkelten, sorgte der Babelsberger Blues-Gitarrist Peter Schmidt (Ex East Blues Experience) in seinem Biker-Outfit und durch sein virtuoses Spiel auf dem Griffbrett für die nötige Erdung. Der Auftritt in dieser Formation soll nicht der letzte gewesen sein. „Wir hatten gemeinsam einen Riesenspaß auf der Bühne und werden auf jeden Fall weitermachen“, sagt Linke. Auf der Web-Seite www.pulse-web.de sollen nun die aktuellen Infos zu dem Projekt regelmäßig veröffentlicht werden. Doch die meisten Besucher kamen trotzdem wegen der beiden großen Namen des Abends. Horst etwa, vielleicht 50 Jahre, mit einem „Jethro Tull“-Shirt, das „schon zwanzig Jahre auf dem Buckel hat“, wie der Potsdamer Altrocker erzählte. Außerdem wollte er „Procol Harum“ sehen, obwohl die „eigentlich nur ein gutes Lied haben“. Der Song mit dem Namen „A Whiter Shade of Pale“ stand am Ende ihres Gigs, bei dem nicht alles nach Plan verlief. „Gleich zu Beginn streikte mein Klavier, meine Sonnenbrille ging entzwei und der Klavierhocker brach zusammen, so dass ich die restliche Zeit im Stehen spielen musste“, erzählte Gary Brooker, Sänger und Pianist der Klassik-Rocker. Für Brooker ist es nichts Besonderes, in einem Wohnwagen auf den Auftritt zu warten. Seit Anfang der 60er Jahre ist er im Geschäft. War er schon mal in Potsdam? „Weiß ich nicht“, antwortete er augenzwinkernd. Weitaus agiler als die manchmal behäbig wirkende Show von „Procol Harum“ präsentierten sich „Jethro Tull“ mit ihrem Bandleader Ian Anderson. Mit weit aufgerissenen Augen und viel englischem Wortwitz präsentierte der wohl bekannteste Querflötenspieler der Musikgeschichte alle Seiten des jahrzehntelangen Schaffens der Band. Das Konzert erreichte im Zugabenteil mit der Stampfhymne „Locomotive Breath“ seinen Höhepunkt. 20 000 Zuschauer jubelten, klatschen. Allein Moderatorin Katrin Güttler mochten nicht alle applaudieren. Die erste Schönheitskönigin der DDR aus dem Jahr 1986 brachte in fast jedem Satz einmal das Wörtchen „Mega“ unter. Der Kommentar des „Jethro Tull“-Fans Horst: „Meganervig, aber die Konzerte waren dafür toll.“
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