Landeshauptstadt: Jugendamt muss Kinderschutz neu regeln
Nikolaus Skaljin ist neuer Kinderschutzbeauftragter, die Stadt will Präventions-Fachkräfte neu ausbilden
Stand:
Es geht um vernachlässigte oder misshandelte Kinder und Maßnahmen zur Prävention: Um in Sachen Kinderschutz neue gesetzliche Vorgaben umzusetzen, muss das Potsdamer Jugendamt bis Ende des Jahres unter anderem spezielle Fachkräfte aus- und weiterbilden. Dies erklärten am Dienstag Sozialdezernentin Elona Müller (parteilos) und Potsdams neuer Kinderschutzbeauftragter Nikolaus Skaljin vor Journalisten.
Die neuen Spezialisten sollen zum Beispiel Ärzte, Hebammen oder Lehrer beraten, wenn diese Merkwürdigkeiten bei Kindern beobachten. Das Problem dabei: Weder steht bisher genau fest, wie die Arbeit der Spezialisten genau organisiert werden soll, noch wie viel das Potsdam kosten wird. „Wir arbeiten dafür an einem Rahmenkonzept“, sagte Skaljin.
Seit Anfang 2012 gilt ein neues Kinderschutzgesetz, mit dem laut Müller-Preinesberger zusätzliche Aufgaben auf die Kommunen zugekommen sind – unter anderem die Beratung aller wichtigen Berufsgruppen, die mit Kindern arbeiten. Die neu ausgebildeten Fachkräfte sollen dabei als eine Instanz vor dem Jugendamt mögliche Verdachtsfälle bewerten und gegebenenfalls weitergeben. Zur Erklärung wählte Müller-Preinesberger das Beispiel einer Kinderärztin, der bei einer kleinen Patientin „etwas Merkwürdiges“ auffällt. Um aus der Angelegenheit nicht gleich einen offiziellen Vorgang im Jugendamt zu machen, soll sich diese Ärztin künftig bei einer auf Kinderschutz spezialisierten Fachkraft melden können, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Der Hintergrund: Mit dem neuen Kinderschutzgesetz wird zum einen die ärztliche Schweigepflicht gelockert, wenn ein Verdachtsfall besteht – zur genauen Einschätzung der Lage können Ärzte von der Stadt jedoch die Beratung durch eine Fachkraft verlangen.
Nun müsse vom Jugendamt geregelt werden, wie viele solcher Fachkräfte für welche Berufsgruppen gebraucht werden und bei welchem Träger sie angesiedelt werden, sagte Skaljin. Man gehe für die Stadt von Kosten im sechsstelligen Bereich aus, erklärte Müller-Preinesberger. Allerdings werde man nicht wie andere Landkreise im Land Brandenburg gegen das Gesetz klagen. Eine Verfassungsbeschwerde hatte Anfang des Jahres wie berichtet unter anderem der Landkreis Märkisch-Oderland angekündigt und dies mit Mehrausgaben von rund 200 000 Euro pro Jahr begründet, die der Kreis ohne einen finanziellen Ausgleich tragen müsse.
Neben der Ausbildung der Kinderschutzspezialisten muss die Stadt ihr bereits bestehendes Netzwerk Kinderschutz ausbauen und zum Beispiel bei allen Trägern der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen überprüfen, ob diese von ihren Mitarbeitern erweiterte Führungszeugnisse verlangen. Damit soll ausgeschlossen werden, dass Betreuer mit Vorstrafen wegen Sexualdelikten mit Kindern arbeiten. Die Rückmeldungen dazu, ob diese neuen Vorgaben umgesetzt werden, seien bisher positiv, sagte Skaljin. Müller-Preinesberger ergänzte, auch der Stadtsportbund habe seine Mitarbeit bei dem Thema eindeutig zugesagt.
Nicht parat hatte die Dezernentin die Zahl, wie viele Verdachtsfälle möglicher Kindeswohlgefährdung 2012 gemeldet wurden. Im Vergleich zum Vorjahr habe es aber kaum Veränderungen gegeben, sagte Müller-Preinesberger. 2011 ging das Jugendamt 239 Verdachtsfällen nach – bei rund einem Drittel stellte sich heraus, dass die angezeigten Familien tatsächlich Hilfe benötigten.H. Kramer
H. Kramer
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: