Landeshauptstadt: Jugendamt muss sich verstärken
Zahl der Sozialarbeiter soll steigen / Verwaltung räumt „Arbeitsstau“ in Einzelfällen ein
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Das Potsdamer Jugendamt benötigt „vermutlich“ mehr Sozialarbeiter. Allerdings ist noch unklar, wie viele neu eingestellt werden müssen. Das sagte gestern Potsdams Sozialdezernentin Elona Müller in Reaktion auf einen PNN-Bericht über den zunehmenden Arbeitsaufwand in der Jugendbehörde bei den Themen Kinder- und Jugendschutz. Die Zahlen dafür hatte die Antwort auf eine Anfrage der Wählergruppe Die Andere geliefert.
Wie gestern berichtet, muss das Jugendamt immer mehr Fällen nachgehen, bei denen Eltern nicht mehr allein für das Wohl ihres Kindes sorgen können und Hilfe benötigen. So hat das Jugendamt 2007 noch 55 Hilfen zur Erziehung gewährt, die Eltern zustehen, wenn sie in irgendeiner Form mit ihren Söhnen oder Töchtern überfordert sind. Vergangenes Jahr waren es 188 solcher gewährter Hilfen, um Gefahren für das Wohl von Kindern oder Jugendlichen zu begegnen. Dazu kamen mehrere Dutzend Fälle, in denen sich ein Verdacht auf Gefährdung nicht bestätigte. Als einen Grund für den Trend nannte Müller die steigende Zahl der Potsdamer, insbesondere bei jüngeren Einwohnern. Dazu komme eine höhere Sensibilität von Bürgern beim Thema Kinderschutz; aber auch das seit 2007 vom Jugendamt praktizierte Prinzip, mit einzelnen Teams über das Stadtgebiet verteilt zu arbeiten. „Wir werben bei den Leuten darum, sich bei uns zu melden, wenn sie das Gefühl haben, etwas ist nicht in Ordnung“, sagte Müller.
Doch offenbar stößt das Jugendamt inzwischen an personelle Grenzen. Denn selbst in Verdachtsfällen beginnt laut Verwaltung ein „aufwändiges“ Verfahren, weil immer zwei Sozialarbeiter zu Prüfbesuchen ausrücken und die Gespräche in den Familien später noch protokollieren und einschätzen müssen. So habe es in den vergangenen Monaten „in Einzelfällen“ einen „Arbeitsstau“ gegeben, räumte Potsdams Jugendhilfeplanerin Birgit Ukrow gestern ein. Gleichwohl seien akute Meldungen über mögliche Kindeswohlgefährdung von den laut Stellenplan zuständigen 8,6 Sozialarbeitern der Behörde immer noch am selben Tag überprüft worden – mit der Folge, dass andere Termine verschoben werden mussten.
Solche Situationen soll eine Studie zur Struktur des Jugendamts künftig besser vermeiden helfen. Die Ergebnisse dieser Analyse der Start gGmbH, der Kinderschutzfachstelle des Landes Brandenburg, sollen Ende dieses Monats feststehen – danach richtet sich laut Dezernentin Müller, ob es im Jugendamt neue Arbeitsabläufe gibt, aber auch die Zahl der Neueinstellungen. Sie sei „sicher“, dass bei Mehrkosten finanzielle Mittel im Haushalt der Stadt zur Verfügung stehen würden, sagte Müller.
Gleichzeitig betonte sie den Unterschied zwischen der steigenden Zahl von Kindeswohl-Fällen, in denen das Jugendamt hilft – und Fällen, in denen die Polizei wegen der Misshandlung von Kindern eingreift. Die Zahl solcher angezeigter Fälle sinkt seit 2007. Damals waren es laut Polizei 21, ein Jahr später gab es 15 Misshandlungen. Bis Mitte dieses Jahres sind 5 Fälle bekannt geworden. „Von diesen ist den Kollegen keiner als schwerwiegend in Erinnerung“, so eine Polizeisprecherin.HK
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