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Landeshauptstadt: „Jüngere wollen keine 60-Stunden-Woche“

Beim Bundestreffen diskutieren die Gleichstellungsbeauftragten über Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Stand:

Die Bundeskonferenz kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen, die vom 26. bis 28. Januar in Potsdam stattfindet, ist mit 424 Teilnehmerinnen so gut besucht wie noch nie. Wie erklären Sie sich das?

Roswitha Bocklage: Zum einen spüren wir langsam einen Generationswechsel: Es sind sehr viele neue und junge Kolleginnen anwesend, die hierherkommen, um Kontakte zu knüpfen, sich auszutauschen und strategisch zu beraten. Vor allem aber haben wir gute Themen gefunden, die viele Kolleginnen umtreiben.

Was sind das für Themen, die hier diskutiert werden?

Bocklage: Sehr wichtig ist zum Beispiel das Thema neue Medien, um besonders jüngere Frauen mit Gleichstellungsarbeit in Berührung zu bringen. Viel geredet wurde auch über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer. Derzeit arbeiten Männer mehr, wenn sie Väter werden, und sind zu selten zu Hause, Frauen hingegen arbeiten weniger, wenn sie Mutter werden.

Beate Ebeling: Solange Unternehmen das nur als Frauen-Thema sehen, werden keine Strukturen geschaffen, um daran etwas zu ändern. Daher muss die Vereinbarkeit sowohl für Frauen als auch für Männer verankert werden, damit es Fortschritte gibt.

Bocklage: Jüngere Menschen haben kein Interesse daran, 60 Stunden in der Woche zu arbeiten. Aber viele Unternehmen haben das mittlerweile erkannt und wissen, dass ihnen die jungen Leute weglaufen, wenn sie da nicht was an den Strukturen ändern.

Was bewegt Ihre Kolleginnen aus Potsdam und Umgebung derzeit?

Bocklage: Natürlich gab es auch hier die Hoffung, dass durch das neue Landesgleichstellungsgesetz vom November die Verteilung von finanziellen Ressourcen für die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten gleichmäßiger werden würde. Dies hat sich leider nicht erfüllt. Das ist aber ein Thema, über das wir in allen Bundesländern streiten.

Ebeling: Wenn in den Kommunen die Finanzen knapp sind, dann wird ja immer geschaut, wo gespart werden kann. Leider sind dann immer wieder die Gleichstellungsstellen mit als erste betroffen. Viele Kolleginnen machen das heutzutage in Teilzeit oder nur ehrenamtlich. Auf dieser Basis kann man natürlich keine gute Gleichstellungsarbeit machen.

Bocklage: Wir könnten unglaublich wirksam sein, wenn die nötigen Rahmenbedingungen erfüllt wären.

Auf der Konferenz wurde auch das Ergebnis einer bundesweiten Umfrage unter Gleichstellungsbeauftragten vorgestellt, was kam dabei heraus?

Ebeling: Eine wesentliche Erkenntnis war, dass die Beauftragten zwar vonseiten der Bürger und Mitarbeiter in den Verwaltungen Anerkennung für ihre Arbeit erhalten, dass dies vonseiten der Politik aber weniger der Fall ist. Auch die mangelnde personelle und finanzielle Ausstattung wurde häufig beklagt. Außerdem hat die Umfrage ergeben, dass viele Kolleginnen zwar hochqualifiziert sind und häufig einen Hochschulabschluss haben, dafür aber oft zu schlecht bezahlt werden.

Bocklage: Das ist schon schräg, wenn man als Gleichstellungsbeauftragte für gleiche Bezahlung kämpft, selbst aber nicht angemessen entlohnt wird.

Was nehmen Sie von der Konferenz mit?

Bocklage: Ganz toll war für mich, dass auch die Familienministerin Manuela Schwesig vor Ort war, uns kommunalen Gleichstellungsbeauftragten ihre Unterstützung zugesichert hat und klargemacht hat, dass ihr wichtig ist, was wir machen – da gab es Standing Ovations. Schwesig kommt ja selbst aus der Kommunalpolitik und hat von daher auch den entsprechenden Bezug zu unserer Arbeit.

Ebeling: Ja, das ist die Wertschätzung, die uns oft fehlt.

Ist es denn kein Usus, dass die Familienministerin zu ihrer Konferenz kommt?

Ebeling: Nicht unbedingt, die frühere Familienministerin hat sie leider nie besucht.

Die Fragen stellte Erik Wenk

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