Homepage: Kalkül und Geschick zählen Elf Filme im Rennen für Produzentenpreis
Wenn bei den „Sehsüchten“ die beste Kameraarbeit oder das beste Drehbuch ausgezeichnet werden, sind auch für den Kinozuschauer die Bewertungskriterien offensichtlich. Schöne Bilder und eine originelle Geschichte sind entscheidend.
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Wenn bei den „Sehsüchten“ die beste Kameraarbeit oder das beste Drehbuch ausgezeichnet werden, sind auch für den Kinozuschauer die Bewertungskriterien offensichtlich. Schöne Bilder und eine originelle Geschichte sind entscheidend. Beim Produzentenpreis geht es um mehr als künstlerische Auseinandersetzung. Was zählt ist Kalkül. „Ein präzise kalkuliertes Finanzkonzept entscheidet ebenso über den Sieger wie kreatives Geschick. Das eine funktioniert ohne das andere nicht“, erklärt Tobias Mosig, einer der Organisatoren des Preises. An Originalität und Esprit mangelt es dem nominierten Kurzfilm „12 ½“ von Joscha Douma, der am Mittwoch zu sehen war, sicherlich nicht. Ob das Organisationskonzept ausreicht um sich gegen die anderen 10 Mitbewerber durchzusetzen, und die fünfköpfige Jury zu überzeugen bleibt vorerst noch offen. Von einem „durchschnittlichen Mitglied unserer Gesellschaft“, wie Douma es nennt, erzählt er in schnell hintereinandergeschnittenen, kurzen Sequenzen. 38 Jahre alt ist dieses „durchschnittliche Mitglied“, männlich, durchorganisiert und gesundheitsbewusst. Um 8.15 Uhr steht es auf, putzt sich die Zähne und geht zur Arbeit. 12 000 Mal blinzelt es am Tag und ganze zwölfeinhalb Minuten bleiben ihm zwischen zu Bett gehen und wohlverdientem Schlaf. Zwölfeinhalb Minuten um den Sinn seines wunderbar verplanten Lebens herauszufinden. Meist tut es seinen letzten Wimpernschlag ohne auf die Lösung gekommen zu sein. Eine Lösung, die die Figuren aus dem ebenfalls für den Produzentenpreis nominierten Film „Die weiße Stille“ schnell zu finden scheinen. Überleben, mehr erwarten die fünf Soldaten einer deutschen Einheit nicht, während sie sich in den schneeverhangenen Bergen des Jahres 1943 frierend und hungernd von Sonnenaufgang zu Sonnenaufgang hangeln. Die Vorräte schwinden, den Gebirgspass zu sichern erscheint immer mehr als Unsinn. „Lass uns abhauen“, versucht einer seinen Kameraden zu überreden. „Morgen!“, willigt dieser ein. Doch am nächsten Morgen ist alles anders. Eine Blutspur im Schnee und ein schief zusammengehämmertes Kreuz erinnern an den missglückten Plan. Und spätestens als ein Paar Schuhe wertvoller werden als Freundschaft, wird klar, dass sich in dieser extremen Situation die Gesetze der Zivilisation aufheben. Ganz nah geht Regisseur Philip Haucke an die Gesichter seiner Darsteller. Es sei ihm nicht darum gegangen einen weiteren Film über den Krieg zu drehen, sondern zu zeigen, wie solch extreme Bedingungen an die Persönlichkeiten der Figuren zehren. Auch wenn „Die Weiße Stille“, wie Mosig berichtet, mit einer professionell durchdachten Projektbeschreibung aufwarten konnte, wird sich erst am Sonntag zeigen, welche der elf nominierten Filme den mit 3000 Euro dotierten Preis erhalten werden. Marion Schulz
Marion Schulz
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