Landeshauptstadt: Kalt erwischt
Fördergeld-Vorstoß der Garnisonkirchen-Stiftung verärgert SPD und Linke – die CDU findet ihn aber gut
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Innenstadt - Damit hätte Mike Schubert nicht gerechnet. „Es hieß immer: Wir wollen keine Fördermittel für die Garnisonkirche“, sagt Potsdams SPD-Chef. Dass die Wiederaufbau-Stiftung jetzt in dieser Frage eine Kehrtwende vollzogen hat, verärgert ihn: Es gebe Vereinbarungen zwischen der Stiftung und der Stadt Potsdam. Danach bezahlt Potsdam den Umbau der Breiten Straße und macht das Baufeld für das Gotteshaus frei. Mehr nicht. Dass das plötzlich nicht mehr gelten soll, sei unsensibel, sagt Schubert.
So wie Schubert sind offenbar selbst Befürworter des umstrittenen Bauprojekts vom Steuergeldvorstoß der kirchlichen Stiftung Garnisonkirche kalt erwischt worden: Jahrelang wurde immer aufs Neue versichert, dass die auf rund 100 Millionen Euro geschätzten Kosten für den Wiederaufbau ausschließlich aus Spenden finanziert werden sollen. Wie berichtet rückt die Stiftung nun von diesem Grundsatz ab. Es sei denkbar, dass ein Drittel der Baukosten, rund 33 Millionen Euro, aus öffentlichen Fördertöpfen kommen, hatte Peter Leinemann, Verwaltungsvorstand der Stiftung angekündigt.
Für CDU-Kreischefin Katherina Reiche, auch Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, ist das kein Anlass für Kritik: „Ich finde das völlig normal“, sagt Reiche, die Mitglied im Förderverein der Garnisonkirche ist. Sie findet: Wenn man das Projekt zu Ende bringen und das künftige Potsdamer Stadtbild abrunden wolle, dann dürfe man keine Möglichkeit ungenutzt lassen, neue Geldquellen zu erschließen. Dazu zählten neben privaten Spenden eben auch die Fördertöpfe von Stadt, Land, Bund oder der Europäischen Union. „Es geht allein um den Versuch“, sagt Reiche. „Ob die Stadt und was die Stadt machen kann, muss man sehen.“
Für „fast undenkbar“ hält das dagegen SPD-Chef Schubert: „Das überfordert die Stadt, ich kann mir das nicht vorstellen.“ Die Stiftung hätte zumindest zuerst den Weg über die Stadtverordneten gehen sollen, sagt er. Doch die ganze Sache sei „prinzipiell schwierig“. Für Potsdams Linke ist sie eindeutig: Schon von jeher lehnen sie das Wiederaufbauprojekt ab. „Klamme Kassen überall und Herr Leinemann will 33 Millionen von der öffentlichen Hand und das auch noch für ein umstrittenes Bauwerk?“, fragt Linken-Chef Sascha Krämer. Man bleibe dabei, es soll kein öffentliches Geld für die Garnisonkirche geben, sagt er. Ohnehin seien zu wenige Menschen von dem Projekt überzeugt, nehme man die bisherige Spendenbereitschaft als Maßstab, sagt Krämer.
Etwas mehr als zwei Millionen Euro hat die Stiftung an Spenden gesammelt – dazu hat das Land im Jahr 2010 knapp zwei Millionen aus dem ehemaligen DDR-Parteivermögen überwiesen. Schon damals hatten Land, Stadt und auch die Evangelische Landeskirche deutlich gemacht: Mehr Geld gibt es nicht.
Die Stiftung will noch in diesem Jahr fünf bis zehn Millionen Euro von privaten Spendern für den Aufbau des geschichts- trächtigen Gotteshauses sammeln, in dem sich einst Adolf Hitler und Reichspräsident Hindenburg symbolisch die Hände schüttelten. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche zerstört, die Ruine ließ die SED 1968 sprengen. Tobias Reichelt
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