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Potsdam: Kalte Dusche für Schlaatzer
Weil der Vermieter nicht gezahlt haben soll, droht 270 Haushalten im Potsdamer Wohngebiet Am Schlaatz ein Lieferstopp für Wärme und Warmwasser.
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Potsdam - Die Anwohner erhielten die Nachricht per Aushang im Treppenhaus: Bereits am heutigen Donnerstag sollten bei 270 Haushalten im Wohngebiet Am Schlaatz Heizung und Warmwasser abgestellt werden, wie der Wärmelieferant Techem da ankündigte. Nach PNN-Recherchen und dem Eingreifen der SPD-Bundestagsabgeordneten Andrea Wicklein lenkte Techem am Mittwochnachmittag ein: „In Anbetracht der derzeit noch frischen Temperaturen und des bevorstehenden Feiertags haben wir uns allerdings entschieden, den Lieferstopp freiwillig bis zum 2. Mai aufzuschieben“, erklärte Peter Metz, Geschäftsführer der Techem Energy Contracting GmbH in Eschborn, auf PNN-Anfrage. Betroffen sind die Mieter zahlreicher Mehrgeschosser in den Straßen Otterkiez und Bisamkiez.
Grund für das rigide Vorgehen des Energiedienstleisters sind laut Techem Zahlungsversäumnisse des Vermieters AWAG in Höhe von „von knapp über 300 000 Euro“: „Der Energiedienstleister Techem sieht sich gezwungen, von seinem Recht zur Unterbrechung der Wärme- und Warmwasserversorgung in den Gebäuden der AWAG Allgemeine Wohn-Anlagen und Grundbesitz GmbH & Co. KG in Potsdam Gebrauch zu machen“, teilte der Techem-Chef mit. Bereits seit Beginn des Jahres 2011 sei die AWAG den Zahlungsaufforderungen „wiederholt nicht in voller Höhe nachgekommen“. Kleinere Ausgleichszahlungen im Verlauf der letzten 15 Monate seien bei Techem zwar wohlwollend als „Signal der Bereitschaft“ bewertet worden, „die Außenstände in vollem Umfang zu begleichen“. Inzwischen habe die Forderungssumme „allerdings ein Ausmaß erreicht, das Techem zu diesem Schritt zwingt“, so Techem-Geschäftsführer Metz.
Die Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein (SPD) ist da ganz anderer Ansicht. Alarmiert von einer alleinerziehenden Mutter schaltete sie sich am Mittwoch ein. „Techem hat versäumt, rechtzeitig rechtliche Schritte gegen die AWAG einzuleiten“, erklärte die Bundestagsabgeordnete den PNN. Rechtliche Konflikte dürften „nicht auf dem Rücken der Mieter ausgetragen werden“, sagte sie weiter: „Die Mieter sind ihren Verpflichtungen nachgekommen.“ Nach Ansicht Wickleins sollte Techem nun – neben der rechtlichen Auseinandersetzung mit der AWAG – die Mieter anhalten, ihre Warmwasser- und Heizungskosten auf ein Notaranderkonto – eine spezielle Form des Treuhänderkontos – zu hinterlegen. „Das muss Techem gemeinsam mit den Mietern abstimmen“, erklärte Andrea Wicklein. Sie fordert den Energiedienstleister auf, auf seinen angekündigten Stopp der Warmwasserlieferungen ab 2. Mai zu verzichten. Wicklein: „Einfach abdrehen? Das kann nicht sein.“
Das findet auch die 28-jährige Nicole M., Mutter einer vierjährigen Tochter, die am Bisamkiez wohnt. „Wir bezahlen jeden Monat Warmmiete – was kann daran so schwer sein, den Energieanteil weiterzuleiten?“, fragt sie empört. Sie müsse ihr Kind warm duschen können, wenn es vom Spielen aus dem Sandkasten des Kindergartens kommt. Wie sie den PNN erklärte, seien allein in ihrem Hausaufgang mehrere Familien mit kleinen Kindern betroffen. Sie deutete zudem weitere Probleme mit dem Vermieter an: So zahle sie seit Sommer 2011 für die Hausreinigung – ohne das eine solche erfolge.
Bei AWAG-Telefonnummern in Potsdam und Berlin hieß es gestern nur: „Kein Anschluss unter dieser Nummer“. Michael Elst von der seit wenigen Wochen beauftragten Hausverwaltung, der Strategis AG, erklärte den PNN, bei der AWAG liege „keine Insolvenz“ vor. Elst: „Die gibt’s noch.“ Gemeinsam mit dem Wohnungseigentümer werde nun intensiv nach einer Lösung gesucht. (mit jaha)
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