
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Kältetest für Weltraum-Teleskope
Neubau für das Astrophysikalische Institut Potsdam auf dem Babelsberg übergeben
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Babelsberg - Es hagelte Zitate wie Sternschnuppen in einer klaren Sommernacht. Und wenn das Astrophysikalische Institut Potsdam (AIP) einen Neubau in Betrieb nimmt, kommen nur Namen von Weltgeltung infrage. So bediente sich gestern Nachmittag AIP-Vorstand Matthias Steinmetz bei John Quincy Adams. „Die Fortschritte einer Gesellschaft auf dem Weg zur Zivilisation“, zitierte er den 6. Präsidenten der USA, „kann man am Zustand seiner Sternwarten ablesen“.
Für Babelsberg darf der als ausgezeichnet gelten. Das historische Ensemble der alten Sternwarte wurde gestern um einen modernen Baustein erweitert. Sieben Millionen Euro haben Bund, Land und EU investiert – das Ergebnis nennt sich „Zentrum für Innovationskompetenz“. Der kurvige Dreigeschosser schmiegt sich sanft an den Hang des Babelsbergs, das Souterrain in selbigem verborgen – und dort sollen die AIP-Forscher künftig ihre Forschungswunder vollbringen. Für des Fachchinesischen Mächtigen heißen die Mirakel Teleskopsteuerung und Robotik, hochauflösende und 3D-Spektroskopie, Polarimetrie und Supercomputing. In der Laiensprache ist es einfach ein hochspezielles Testlabor. Einzelteile von Geräten wie dem Large Binocular Telescope in Arizona (USA) werden hier unter extremen Bedingungen auf ihre Kältetauglichkeit untersucht. Damit erspart man sich bei der Montage in entlegenen Gebieten mit Niedrigtemperaturen, etwa der Antarktis oder dem Weltraum, die unangenehme Überraschung einer Materialverformung, die die Gerätschaften in millionenteuren Schrott verwandelt.
40 Forscher haben im Neubau ihren Arbeitsplatz, hinzu kommen ständig wechselnde Gastwissenschaftler aus aller Welt, auch mit der Universität Potsdam wird hier an einem Projekt zur Faseroptik gearbeitet. Zwei Jahre hat der Bau des Hauses gedauert, das sich „verbergen und überraschen“ soll, wie es Architekt Stefan Tebroke vom Berliner Büro Busmann und Haberer formulierte. Anleihen aus dem All jedenfalls habe er für seinen Entwurf nicht genommen.
Dafür griff Ministerpräsident Matthias Platzeck in seiner Rede zu den Sternen. Der Bau schmücke die ganze Potsdamer Forschungslandschaft, lobte der Regierungschef und sei letztlich „für ganz Brandenburg ein Gewinn“. Auch Platzeck griff in die Aphorismenkiste und zitierte Leibniz: „Die Natur macht keine Sprünge.“ Für das AIP gelte das nicht, denn hier sei mit Schönheit des Gebäudes, Spitzenforschung und Ausstrahlung in die Region gar ein „Dreisprung“ gelungen. Den berühmten Wissenschaftler heranzuziehen, lag nahe, schließlich ist das AIP Mitglied der Leibniz-Gesellschaft, unter deren Dach 86 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen vereint sind. Das AIP ist Nachfolger der 1700 gegründeten Berliner Sternwarte und des Astrophysikalischen Observatoriums. pee
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