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Sport: Kampf dem Körper

Tennisprofi Haas stemmt sich gegen Karriereende

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Berlin - Die Hoffnung stirbt zuletzt. Das hatte Tommy Haas in der vergangenen Woche gesagt, als er schweren Herzens seine Teilnahme beim ATP-Turnier in Halle zurückzog. Da hatte er sich noch an die klitzekleine Chance geklammert, dass die Saison trotzdem irgendwie für ihn weitergehen könne. Doch geahnt hatte Haas bereits da, dass diese Zuversicht vergebens sein würde. Denn es bestätigte sich, dass die angerissene Sehne in seiner rechten Schulter bei der unglücklichen Bewegung in der ersten Runde der French Open nun gar bis zur Hälfte eingerissen ist. Hinzu kommen zwei weitere, geschädigte Sehnen. Haas hat keine Wahl mehr, eine Operation ist unumgänglich. Ob er noch einmal auf die Tour zurückkehren kann, ist ungewiss.

„Ich bin fest davon überzeugt, dass ich noch gute Matches und Turniere spielen kann, sofern die Schulteroperation erfolgreich verläuft und mein Körper auch sonst mitspielt“, betonte Haas jedoch fast trotzig vor dem Eingriff bei einem New Yorker Spezialisten. Da ist es schon wieder, dieses gerade arg strapazierte Haas-Hoffnungsprinzip.

Doch Haas ist 36 Jahre alt, und obwohl im Tennis 30 inzwischen das neue 20 ist, ist er fast ein Methusalem im Profitennis. Bald 19 Jahre zehrendes Tourleben haben seinen Körper gezeichnet. Und so viel Verletzungspech wie der gebürtige Hamburger hatte ohnehin kaum ein anderer Spieler. Mal trat er unglücklich auf einen herum liegenden Ball, mal verdarb er sich mit Brokkoli mit Käse den Magen. Die Hüfte und der Ellbogen wurden schon operiert, die Schulter gleich mehrfach. Aber immer ist er wieder aufgestanden – und das wird er auch dieses Mal tun. Daran glaubt er fest.„Ich will nicht mit einer Verletzung von der Tennis-Bühne abtreten“, erklärte er.

Jenen Zeitpunkt zu erwischen, in dem man diese Gewissheit dennoch ertragen kann, wenn man aufhört, gelingt nur den wenigsten Sportlern. Haas kann noch nicht loslassen. Er hat 15 Titel gewonnen, war die Nummer zwei der Welt. Dennoch ist seine Karriere geprägt von verpassten Chancen – von jenen, die er sich mitunter im jugendlichen Ungestüm selbst verdarb, und jenen, um die ihn die Verletzungen brachten. In den letzten Jahren gelang es dem inzwischen gereiften Haas mitunter, etwas von der verlorenen Zeit aufzuholen. Wie in der vergangenen Saison, als er beim Masters in Miami ins Halbfinale stürmte, erstmals in Paris das Viertelfinale erreichte, zwei Titel gewann und sich beinahe noch für die Tour-Finals der besten acht Profis qualifizierte.

Doch wenn man mit den Stärksten der Szene noch mithalten kann, das Feuer und die Leidenschaft noch in sich spürt, dann ist es schwer, einfach zu gehen. Und so hat Haas sein nächstes Comeback zumindest gedanklich bereits fürs Frühjahr geplant. Für das Heimspiel in München könnte es schon wieder reichen. Haas wird dann 37 Jahre alt sein, aber für ihn ist das tatsächlich nur eine Zahl. Körperliche Fitness hat er sich immer recht schnell wieder angeeignet, und er brauchte auch nie sonderlich viele Matches, um ein hohes Spielniveau zu erreichen. Vielleicht bekommt Tommy Haas im nächsten Sommer die Chance, noch ein wenig verlorene Zeit nachzuholen, den Zeitpunkt zum Loslassen selbst zu bestimmen. Darum kämpfen wird er mit Sicherheit. Er hat schon begonnen. P. P./PNN

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