Sport: Kampf um Peking-Tickets beginnt
Fünf Potsdamer Kanu-Asse starten am Wochenende in Duisburg chancenreich in die Qualifikation
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Nein, vom Faultier habe sie sich nichts abgeschaut, sagt Katrin Wagner-Augustin. Während des derzeitigen Trainingslagers in Duisburg besuchte sie dort auch Europas größtes Zoofachgeschäft, wo unter anderem der eingangs erwähnte Baumbewohner träge vor sich hin hing. Deutschlands Kanuten konnten und können allerdings nicht faul sein: Am Wochenende steht in Duisburg die erste nationale Qualifikation für die Olympischen Spiele in Peking auf dem Programm.
„Bei aller Routine – ein bisschen aufgeregt ist man vorher immer“, gesteht Wagner-Augustin. Die 30-Jährige gehört zu den Kanu-Assen des KC Potsdam, die sich nun auf den Weg nach China machen. Ob sie alle auch im August dort um olympische Meriten paddeln werden, steht noch auf einem anderen Papier. Am kommenden Wochenende und am 3./4. Mai wird bei zwei Einer-Regatten in Duisburg die deutsche Kanu-Flotte für Peking ermittelt, und fünf Potsdamer haben dabei beste Chancen – jenes Quintett, das bei den letztjährigen Weltmeisterschaften ebenfalls in Duisburg auf den olympischen Strecken zu Gold paddelte und zur so genannten Kernmannschaft zählt: Fanny Fischer und Katrin Wagner-Augustin im Zweier- beziehungsweise Vierer-Kajak, Ronald Rauhe und Tim Wieskötter im K2 über 500 Meter sowie Lutz Altepost im 1000-Meter-Viererkajak. Sie müssen nun auf der Wedau eine Leistungsbestimmung erbringen. Carolin Kratochvil und Torsten Eckbrett im Kajak sowie Sebastian Brendel im Canadier dagegen werden für ein Peking-Ticket deutlich stärker als die Paddler der Kernmannschaft sein müssen, wenn die Frauen an beiden Tagen über 500 Meter, die Männer am Samstag über 500 und am Sonntag über 1000 Meter paddeln.
„Leistungsbestimmung heißt nicht so larifari fahren, sondern mit einer Top-Leistung vorn mitmischen“, sagt Rolf-Dieter Amend, Kajak-Bundestrainer und Heimcoach der Potsdamer Kajak-Asse, der mit seinen Schützlingen jetzt die zweite Woche in Duisburg übt. Während Tim Wieskötter vorrangig auf der längeren Strecke chancenreich und „auf einem guten Weg ist“, so Amend, hat der eher als Sprintertyp geltende Ronald Rauhe noch mit den Auswirkungen eines Virusinfekts zu tun, der ihn im Trainingslager Sevilla über eine Woche außer Gefecht setzte. „Wir sind jetzt beim Wiederaufbau, konnten Ronny aber noch nicht voll belasten“, erklärt sein Trainer. Auch Lutz Altepost fehle noch ein bisschen Lockerheit und Spritzigkeit. Trotzdem ist Amend zuversichtlich: „Lutz ist ja ein Beißer.“ Das hofft er auch von Torsten Eckbrett, der sich in diesem Jahr für den 1000-Meter-Einerkajak empfehlen kann. Auf dieser Strecke muss sich Deutschland bei den Europameisterschaften vom 15. bis 18. Mai in Mailand erst noch für Olympia qualifizieren, „und das ist Torstens einzige Chance. Für ihn heißt es hopp oder topp“, sagt Amend. „Er ist körperlich über 1000 Meter gut drauf und belastbar, muss aber endlich im Wettkampf Mann gegen Mann den Kopf oben behalten.“
Ordentlich kämpfen muss auch noch Sebastian Brendel, der Vizeweltmeister von 2007 im nichtolympischen 500-Meter-C4. Bei den Canadiern stehen bisher erst drei Quotenplätze durch den Neubrandenburger Andreas Dittmer im Einer und Christian Gille/Tomas Wylenzek aus Leipzig und Essen im Zweier fest. „Sebastian muss jetzt in Duisburg schon Zweiter hinter Dittmer werden, um dann bei den EM um den Olympiaplatz im Einer über 500 Meter fahren zu können“, meint sein Coach Ralph Welke. Der am Wochenende in Duisburg außerdem auf Potsdams Nachwuchs hofft: Bei den Junioren wollen sich Patrick Lux, Philipp Walther, Robert Wagner und Tom Sie- bereicher, in der U23 Charles Lößnitz, Kurt Kuschela, Birka Zimmermann und eventuell Franziska Weber für die EM ihrer Altersklassen qualifizieren.
Die Olympischen Spiele in Peking fest im Blick hat bei den Frauen Fanny Fischer, obwohl sie nach wie vor immer wieder mal unter Rückenbeschwerden leidet und deshalb auch in dieser Woche aus dem Trainingslager am Brandenburger Beetzsee zur Behandlung nach Potsdam düsen musste. Sie hatte aber keinen Trainingsausfall, weshalb ihr Bundes- und Heimtrainer Eckehardt Sahr auch konstatieren kann: „Alle Damen werden am Start sein.“ Sahr geht nach den bisherigen Trainingseindrücken davon aus, dass sich Katrin Wagner-Augustin auch in diesem Jahr als schnellste deutsche Einer-Fahrerin erweisen dürfte. „Sie ist nach wie vor absolut leistungsstark“, lobt er die Sportsoldatin, der als schnellster Solo-Paddlerin in Peking ein Doppelstart im Einer- und Viererkajak winkt. „Mal gucken, was die anderen können“, sagt die aktuelle Einer-WM- Dritte, die sich von den derzeitigen Diskussionen für oder gegen einen Olympia- Boykott nicht beeinflussen lassen will. „Sonst könnte ich ja aufhören zu trainieren“, sagt die Potsdamerin, die sich gut in Form fühlt. Und die am Wochenende flink sein will wie beispielsweise die Lemminge und Präriehunde, die sie im Duisburger Zoogeschäft ebenfalls beobachtet hatte.
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