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Aus dem GERICHTSSAAL: Kaninchen und Hamster verhungert Katzen überlebten in jämmerlichem Zustand

Aus dem GERICHTSSAAL Als die Berliner Wohnung von Sandra S.* (21) am 15.

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Aus dem GERICHTSSAAL Als die Berliner Wohnung von Sandra S.* (21) am 15. September vorigen Jahres wegen Mietschulden zwangsgeräumt wurde, bot sich ein erschreckendes Bild. Vier Kaninchen und ein Hamster lagen verhungert und verdurstet in ihren Käfigen. Zwei Katzen waren bis auf das Skelett abgemagert. Sie wurden sofort sichergestellt und im Tierheim mühsam wieder aufgepäppelt. Einem dritten Stubentiger gelang offenbar die Flucht. Sandra S. hielt sich unterdessen bei ihrem Freund in Potsdam auf. Der mahnte sie zwar, die Tiere zu versorgen. „Aber ich hatte keine Lust“, so die Arbeitslose gestern vor dem Jugendgericht. Überhaupt scheint Lustlosigkeit ein prägender Charakterzug der wegen Tierquälerei Angeklagten zu sein. Sandra S. hatte in der Vergangenheit weder Lust auf Schule noch auf Berufsausbildung. Und auch keinen „Bock“ darauf, Arbeitslosengeld zu beantragen. „Wovon leben Sie?“, will die Richterin wissen. „Von meinem Freund“, lautet die lakonische Antwort. „Mussten es so viele Tiere sein? Die kosteten doch Geld“, hakt die Vorsitzende nach. „Das ging schon“, murmelt Sandra. Dann kullern die Tränen. Sonst – so ihre Beteuerung – habe sie sich stets um ihre Vierbeiner gekümmert, eine Katze sogar neun Jahre lang versorgt. Sandra S. – im Kleinkindalter adoptiert, danach ins Heim abgeschoben worden – habe sich Tiere angeschafft, um ihnen die Liebe entgegenzubringen, die sie selbst nie bekam, vermutet die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe. Als sie erfuhr, dass sie ihre ersten Lebensjahre bei „Fremden“ verbrachte, habe sie das in eine Identitätskrise gestürzt. Sandra sei ins Drogenmilieu abgeglitten, auch straffällig geworden, habe psychiatrische Hilfe in Anspruch nehmen müssen. „Sie hat erhebliche emotionale Defizite.“ „Durch Ihre Schuld sind Wirbeltiere qualvoll zu Tode gekommen. Es fällt mir schwer, so etwas nachzuvollziehen“, wirft die Richterin ein. „Ich wage mir gar nicht vorzustellen, was passiert wäre, wenn Sie bereits ein Kind hätten.“ „Kannten Sie den Termin der Zwangsräumung?“, fragt die Staatsanwältin. Die Angeklagte schluchzt, schüttelt den Kopf. „Heulen nutzt auch nichts“, fährt ihr die Staatsanwältin scharf in die Parade. „Ihr Verhalten ist absolut unverantwortlich. Ich sehe auch nicht, dass Ihre psychischen Probleme zum Zeitpunkt der Tat noch so akut waren, dass sie Ihr Handeln entschuldigen würden.“ Sandra S. sei nach Jugendstrafrecht zu verwarnen, zudem habe sie 70 Stunden unentgeltliche Arbeit zu leisten. Da davon auszugehen sei, dass sie auch künftig nicht als verantwortungsbewusste Tierhalterin auftritt, solle ihr gemäß Paragraph 20, Absatz 1 des Tierschutzgesetzes verboten werden, für die Dauer von zwei Jahren Tiere jeglicher Art zu halten. Das Jugendgericht urteilt ebenso. (Name geändert.) Hoga

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