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Landeshauptstadt: Kanone Volle

In der Ferienregion Rosengarten-Latemar kommen Pistenjäger dank moderner Technik auch in schneearmen Wintern auf ihre Kosten

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Für den Weg vom Sessellift zur Straße nimmt der Mittfünziger den Motorschlitten. Gerade hat er einen letzten prüfenden Blick auf die Pra-di-Tori-Piste geworfen. Sie funkelt in der Abendsonne. Das Felsmassiv darüber, der Rosengarten, ist in glühendrotes Licht getaucht. Ein malerisches Naturschauspiel, für das der Sage nach Zwergenkönig Laurin und sein Liebeskummer verantwortlich sind.

Der Mann scheint zufrieden und macht sich auf den Heimweg. Ab morgen tragen hier die weltbesten Snowboarder insgesamt vier Weltcuprennen im Parallel-Slalom und im Parallel-Riesentorlauf aus. Damit rückt die Skiarena Carezza-Karersee nach mehreren Europacups erneut ins internationale Licht.

Wer hätte das vor wenigen Jahren gedacht. Beinahe wäre es aus gewesen mit dem Skifahren am Fuße des Rosengartens, der zu den schönsten Gipfelgruppen im UNESCO-Weltnaturerbe Dolomiten zählt. Bis Georg Eisath sich entschloss, in seiner Heimat in großem Stil zu investieren.

Mit Schnee kennt er sich aus wie kaum ein anderer. Es ist sein Element, seit er die Techno Alpin AG in Bozen mit begründete und als Technikvorstand leitete. In alle Welt verkauft das Unternehmen seine Beschneiungsanlagen. Auch zur Winterolympiade 2014 in Sotschi kommen sie zum Einsatz, wenn Frau Holle es nicht alleine schafft.

Nach seinem Ausstieg beim Marktführer nutzte der Südtiroler Wissen, Kontakte und Kapital, um dem brach liegenden Skigebiet neues Leben einzuhauchen – mit modernsten Lift- und Beschneiungsanlagen sowie Pistenbullys. „Der technische Schnee besteht wie der Naturschnee nur aus Wasser und Luft“, erläutert Georg Eisath, mehrheitlicher Anteilseigner der Liftanlagen in der Skiarena Carezza-Karersee. „Bei der Schneeproduktion zerstäuben Düsen Wasser in feinste Tröpfchen. Dieser Wassernebel trifft auf kalte Eiskristalle, die aus Wasser und komprimierter Luft erzeugt werden. In der folgenden Flugphase kristallisiert sich das Wasser-Luftgemisch zu Schneeflocken aus“, fügt er hinzu.

Beim „Schnee machen“ kommt es nicht nur auf die Lufttemperatur, sondern auch auf die Luftfeuchtigkeit an, verrät er noch. Ab Null Grad Celsius und einer mittleren Luftfeuchtigkeit können die Maschinen arbeiten. 175 davon – Lanzen wie Kanonen - gibt es derzeit in Carezza. Die meisten von ihnen laufen vollautomatisch und werden per Computer gesteuert.

Zur Ferienregion Rosengarten-Latemar gehört neben der Ski Arena Carezza-Karersee noch das Ski Center Latemar-Obereggen. 2010 feierte Obereggen sein 40-jähriges Bestehen – im Hinblick auf den Wintersport durchweg eine Erfolgsgeschichte. Mitte der 70er Jahre wurde die Verbindung zu den Skigebieten Pampeago und Predazzo hergestellt. 1982 ging die erste Beschneiungsanlage, drei Jahre später der erste automatische Vierer-Sessellift Italiens in Betrieb. Seit 2000 sind Nachtskifahren und –rodeln möglich. Auch über die Rodelbahn rieselt seit drei Jahren bei Bedarf künstlicher Schnee.

Passend zum Jubiläum gab es eine Ehrung: „Im „Skiareatest“-Vergleich mit 35 europäischen Winterskigebieten ging das Ski Center Latemar 2010/11 als Sieger hervor“, sagt Markus Dejori, Bürgermeister der Gemeinde Welschnofen. „Gold gab es für die Gesamtbewertung, die Kategorien Pistenpflege, Nachtskifahren und für die beste Beschneiung.“

Wintersportlern stehen in beiden Skigebieten 88 Kilometer täglich frisch gewalzte und perfekt präparierte Pisten aller Schwierigkeitsgrade, rund 100 Loipenkilometer, acht Rodelbahnen und zwei Snowparks zur Auswahl. Wer Ruhe und Erholung abseits von Pisten und Loipen sucht, ist im Ferienort Tiers goldrichtig. Geschulte Bergführer begleiten Urlauber dreimal pro Woche zu Schneeschuh- und Winterwanderungen.

In Carezza hat Georg Eisath in wenigen Jahren schon einiges erreicht - und noch viel vor. Gemeinsam mit der Partnerregion Arosa in der Schweiz läuft seit 2010 das Projekt „Alpine Klimaskigebiete“. Ziel ist ein energieeffizientes und ökologisch nachhaltiges Management. Dabei geht es um Pilotmaßnahmen zum Energiesparen und innovative Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien.

So sollen Traktoren, ja sogar Flugzeuge die Schneedicke scannen, um es zentimetergenau dort schneien zu lassen, wo die natürliche weiße Pracht noch nicht ausreicht für unbeschwerten Pistenspaß. Die Pistenbullys, die bis zu 40 Liter Diesel in der Stunde schlucken, erhalten Tempomaten, damit sie an den steilen Hängen auch nur mit der nötigen Drehzahl fahren.

GPS-Geräte zeichnen die Routen der Raupen auf, die ihre Bahnen auf den Abfahrten möglichst nicht doppelt ziehen sollen. Solarenergie will Investor Eisath für den Babylift und für Infodisplays an anderen Liften nutzen. Und auch die Skifahrer können zum Energiesparen beitragen: Ihre Tretbewegungen soll ein „Energieteppich“ an den Liften in Strom umwandeln.

Nur Zukunftsmusik? Keineswegs. Bis 2013 will Georg Eisath Nägel mit Köpfen machen. Der Europäischen Union ist das Gemeinschaftsprojekt eine 70-prozentige Förderung wert. Wenn alles läuft wie geplant, sinken die Kosten und der Energieverbrauch im Alpinen Klimaskigebiet Carezza um jeweils ein Drittel.

Sylvia Redlich

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