Landeshauptstadt: Kartzower Hochzeit
Eröffnungskonzert im Neobarock-Schloss zur 650-Jahrfeier am kommenden Sonnabend
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Kartzow - Bei anderen mag das anders sein. Ina Sonntag jedoch ist eine Bauherrin, die keine Probleme hatte mit der Potsdamer Denkmalschutzbehörde. „Wir haben allerdings auch nichts gemacht, was die nicht wollten“, erklärt die Besitzerin des Kartzower Schlosses. Sie verzichtete auf alle Modernisierungs-Komponenten und ließ sogar die sieben Farbschichten von der Treppe und den Wandtafeln abkratzen, die das dunkle herrschaftliche Braun des Holzes im Kamin-Saal des Schlosses verdeckten. Etwa ein dreiviertel Jahr nach ihrer Ankündigung, sie werde gemeinsam mit ihrem Mann Ralf bis 2009 aus dem maroden Schloss ein feines Hotel machen, kann Ina Sonntag sichtbare Erfolge aufweisen. Eine gute fünfstellige Summe hat sie bis dato in das 1912 nach den Plänen des Architekten Eugen Schmohl errichtete Haus und seine Außenanlagen investiert. Am kommenden Sonnabend eröffnet sie das Schloss aus Anlass der 650-Jahrfeier Kartzows mit einem Live-Jazz-Konzert von „Quintessenz“ im Schlosspark. Ab 19 Uhr tritt weiterhin die Sopranistin Nadine Sieben auf. Sie wird begleitet auf einem gläsernen Schimmel-Flügel – eine Leihgabe des Gewandhauschores Leipzig.
Vor der Hoteleröffnung will Ina Sonntag in dem herrschaftlichen Haus zu Konzerten und Veranstaltungen laden. Bereits in diesem Jahr wurde das neobarocke Kleinod von 22 Hochzeitsgesellschaften gebucht, um in Potsdams äußerstem Norden den schönsten Tag im Leben zu feiern. 2008 könnte es leicht die doppelte Anzahl sein – wenn das Schloss Kartzow auch Standesamt wäre. Dies aber werde der Antragstellerin seitens der Stadt verwehrt. Historische Gebäude mit Gastronomie- oder Hotelnutzung könnten nicht Standesamt sein, da diese Einrichtungen alle gleich behandelt werden müssten. Erst jüngst hat die Stadt die Neuendorfer Angerkirche in Babelsberg als Standesamt anerkannt. Weitere historische Heiratsorte in Potsdam sind neben dem Stadthaus das Belvedere auf dem Pfingstberg und das Krongut Bornstedt.
Bei einem Teil der an Ina Sonntag gestellten Anfragen erledige sich die Sache sofort, wenn der Interessent höre, das Schloss Kartzow sei kein Standesamt, sagte sie. Das Nein aus Potsdam benachteilige Kartzow gegenüber vielen anderen Schlössern im Land Brandenburg, in denen Trauungen vollzogen werden können, argumentiert die Schloss-Managerin. Als Beispiel nannte sie die Schlösser Diedersdorf, Hubertushöhe, Reichenow und Wulkow. Auch in Mecklenburg-Vorpommern sei fast jedes Schloss auch Standesamt. Ihre Heiratskundschaft käme nur selten aus Potsdam; vielmehr stamme sie aus anderen Bundesländern oder sogar aus dem Ausland. Heiratswillige aus Japan oder China sehnten sich nach historischem europäischen Ambiente. Die Mozart-Stadt Salzburg oder auch Dresden hätten diesen Trend längst erkannt und darauf durch entsprechende Angebote reagiert. „Die Chance, diesen Tourismus abzuschöpfen, vergibt sich Potsdam“, sagt Ina Sonntag.
Eine Idealkombination bietet Kartzow künftig bei kirchlichen Trauungen, denn das Gotteshaus im Ort wurde schon zu DDR-Zeiten liebevoll saniert. Am Tag des Traumdatums 07.07.07 wird es im wörtlichen Sinne „die erste Kartzower Hochzeit“ geben, kündigt Ina Sonntag an. Ein Kartzower Pärchen heiratet in der Kartzower Kirche und feiert dann im Kartzower Schloss. Aus diesem Anlass lädt Ina Sonntag alle Kartzower Bürger zum Sekt-Empfang an der Kirche ein. Einziger Wermutstropfen an diesem Tag: Zwischenzeitlich müsse das junge Paar kurz bis in die Potsdamer Innenstadt fahren – zum Standesamt.
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